Thomas Oberender will Berliner Festspiele öffnen
Berlin (dpa) - Der neue Intendant der Berliner Festspiele, Thomas Oberender (45), will das traditionelle Festivalkonzept seines Hauses aufbrechen. „Wir wollen uns öffnen in ein Haus für Künstler“, sagte der bisherige Schauspieldirektor der Salzburger Festspiele am Dienstag bei der Vorstellung seines ersten Berlin-Programms.
„Wir wollen, dass der Ort wieder strahlt, dass er auch zwischen den Festspielen leuchtet und sich fühlbar ins Stadtleben einbringt.“ Der 1966 in Jena geborene Oberender war nach seinen Stationen in Bochum, Zürich und Salzburg als Nachfolger von Joachim Sartorius an die Spitze der Berliner Festspiele berufen worden. Er verantwortet dort als Intendant verschiedene eigenständige Festivals, darunter das renommierte Theatertreffen und das Internationale Literaturfestival. Auch das meistbesuchte Ausstellungshaus Berlins, der Martin-Gropius-Bau, gehört zu seinem Geschäftsbereich.
Oberender forderte den Bund zu einer stärkeren Unterstützung des Gropius-Baus auf. Dass das beliebte Museum aus Geldnot seine Öffnungszeiten um eine Stunde kürzen müsse, sei ein „absolut falsches Zeichen“, sagte er. Der Gropius-Bau muss 70 Prozent seines Etats selbst aufbringen. „Das ist ein Prozentsatz, den ich höchstens aus Salzburg kenne“, kritisierte Oberender. „Aber die haben ja auch den "Jedermann".“
Für die Berliner Festivalreihen hat Oberender keine durchgreifenden Veränderungen vorgesehen. Zwar soll die Sonntagsmatinée „Berliner Lektionen“ auslaufen, die bisher auf mehrere Monate angelegte „Spielzeit Europa“ wird auf drei Wochen komprimiert, doch die restlichen Angebote bleiben.
Für das Theatertreffen (4.-20. Mai) plant Leiterin Ivonne Büdenhölzer künftig die Berufung eines internationalen Gastes, der als „artist in residence“ das Festival begleiten und kommentieren soll. Und das Literaturfestival (4.-15. September) will nach Auskunft seines Direktors Ulrich Schreiber künftig nicht mehr regionale, sondern thematische Schwerpunkte setzen.
Insgesamt sei es Ziel, das verbindende Moment zwischen den einzelnen Festivals noch deutlicher zu machen, sagte Oberender. „Das eine soll neugierig machen auf das andere.“ Zudem sollten zwischen den Veranstaltungsreihen auch andere junge Künstler, Musiker und Theaterleute das Haus als Premierenort nutzen; demnächst ist der Beginn einer losen Reihe von zeitgenössischen Videoproduktionen geplant. „Wir wollen die freieste Plattform bieten, die in der Stadt zu finden ist“, sagte der neue Intendant. „Kunst ist nicht immer das, was gefällt, sondern das, was zur Auseinandersetzung zwingt.“
Die Berliner Festspiele, die im vergangenen Jahr ihr 60-jähriges Bestehen feierten, sind aus den (West-)Berliner Festwochen hervorgegangen. Seit 2001 haben sie ein eigenes Haus im Stadtteil Wilmersdorf. Organisatorisch gehören sie zur Gesellschaft „Kulturveranstaltungen des Bundes in Berlin“.