Viel Applaus bei Uraufführung von „Kruso“
Magdeburg (dpa) - Nach drei Stunden steht Lutz Seiler sichtbar glücklich Hand in Hand mit seinem „Kruso“ auf der Bühne. Es hält den Lyriker am Freitagabend nicht auf dem Platz am Ende der Uraufführung seines ersten Romans am Theater Magdeburg.
Seiler springt förmlich auf die Bühne, gratuliert und applaudiert dem Ensemble. Die sehr kreativ umgesetzte Bühnenversion seines preisgekrönten Bestsellers begeistert den 52-Jährigen. Das Publikum spendet lang anhaltenden Applaus.
Das Thema von Seilers Roman ist im Grunde ernst. Es geht um die Suche nach Freiheit, Flucht vor dem Leben und um Republikflucht. Der Lyriker gewann mit seiner poetischen Aussteigergeschichte, die im Sommer 1989 kurz vor der Wende spielt, den Deutschen Buchpreis 2014. Schauplatz ist die Gaststätte „Klausner“ auf der Ostsee-Insel Hiddensee, wo viele „Schiffbrüchige“ Zuflucht suchen. Seiler schreibt von Aussteigern, Abenteurern, Antragstellern, Abtrünnigen, Gescheiterten und Flüchtlingen in spe. Der Roman lebt zu großen Teilen von detailreichen Beschreibungen und Gedankengängen.
Wie bringt man das auf die Bühne? Die Magdeburger Schauspieldirektorin Cornelia Crombholz taucht die Zuschauer in Wechselbäder. Mal geht es sehr ernst zu mit dramatischer Musik. Uniformierte leuchten aus der Dunkelheit der Bühne mit Scheinwerfern in das Publikum, richten Gewehre auf die Ränge. Zu DDR-Zeiten wurde so die Ostsee abgesucht auf Flüchtlinge, die über das Meer entkommen wollten. Die Zuschauer sind plötzlich in der Rolle Flüchtender. Dann wieder wird es witzig, überdreht und äußerst temporeich. Es geht in die Welt der Saisonkräfte, der Abwäscher, Servierer und Köche im „Klausner“.
Laut polternd, schreiend rennt das Ensemble durch eine Gardine aus langen herabhängenden grünen und orangefarbenen Streifen über die Bühne. „Makkaroni sind fertig“, „Die Schnitzel sind fertig“, „Der Schweinebraten ist fertig.“ In ihrer Freizeit amüsieren sie sich im Baströckchen beim Fußballspielen am Strand - bis die Scheinwerfer wieder kommen. Die Titelfigur Kruso (Raphael Kübler) ist auch ein Gestrandeter. Einer, der anderen den Weg zur inneren Freiheit zeigen und von der lebensgefährlichen Flucht über die Ostsee abbringen will. Eine unlösbare Aufgabe. Auf der Bühne liegt die Wasserleiche des ertrunkenen Eisverkäufers. Plötzlich: laut Westernhagens „Freiheit“, die Bühne in bunten Farben. Die Wende naht. Nach und nach verlässt das Personal den „Klausner“.
Autor Seiler mag an der Bühnenfassung vor allem den Humor. „Das gefällt mir ausgezeichnet. Sie haben es geschafft, den Humor, der angelegt ist in dem Buch, rauszukitzeln.“ Die Atmosphäre des Buches findet Seiler auf der Bühne bei all dem Tempo und der Tendenz zum Musicalhaften wieder. Seiler lobt auch das Bühnenbild, große Bilder seien entstanden - Marion Hauer hat vor einem paradieshaft anmutenden Hintergrund mit exotischen Blüten und grünen Hügeln mehrere Ebenen geschaffen, auf denen das starke Ensemble spielt.
Neben dem Theater Magdeburg wird auch das Theater Gera - in der thüringischen Stadt wurde Seiler geboren - „Kruso“ auf die Bühne bringen. Die Premiere dort ist für den 6. November geplant.