Wedel nach 13 Jahren Nibelungen: „Priorität hat jetzt der Film“
Worms (dpa) - Nach 13 Jahren Nibelungenfestspielen verabschiedet sich Intendant Dieter Wedel aus der Domstadt. Er blickt zurück auf schwierige Anfänge, begeisterte Publikumsreaktionen - und will sich nun wieder dem Film zuwenden.
Sie setzen mit „Hebbels Nibelungen - born this way“ einen spektakulären Schlusspunkt. Was hat Sie an diesem Teil der Nibelungensage interessiert?
Wedel: Dass er als nahezu unspielbar gilt und in der Regel nur als Appendix an den ersten Teil angehängt wird. Ich bin aber der Meinung, dass sich Nibelungenfestspiele um dieses Stück mit seinen wunderbar poetischen Versen, aber auch mit seiner rassistischen Überheblichkeit, seiner Glorifizierung von Herrenmenschentum und Heldentum nicht herumdrücken dürfen. Hebbel war ein Kind seiner Zeit. Er konnte nicht ahnen, welche schrecklichen Folgen das Gedankengut des ausgehenden 19. Jahrhunderts im 20. Jahrhundert hatte. Er verfügte nicht über das Wissen von uns Nachgeborenen. Eine Eins-zu-Eins-Wiedergabe seines Textes könnte zu schlimmen Missverständnissen führen. Es hat sich gezeigt, dass die Zuschauer auch vor einem solch schweren Stoff nicht davonlaufen. Mit dieser Inszenierung hat sich für mich meine Arbeit in Worms abgerundet.
Warum interessieren sich die Menschen heute immer noch für die Nibelungensage?
Wedel: Wir müssen uns fragen, in welchem Kontext sie entstanden ist und ob sie mit unserer Zeit noch etwas zu tun hat. Mit einem spröden Geschichtsvortrag lockt man heute wohl keinen mehr hinter dem Ofen vor. Wenn Zuschauer mir schreiben, sie hätten sich vorher nie mit Literatur beschäftigt, nach dem Besuch unserer Vorstellungen würden sie sich aber jetzt herantrauen, dann freut mich das sehr.
Haben sich Ihre Hoffnungen, die Sie vor 13 Jahren mit den Festspielen verbunden haben, erfüllt?
Wedel: Ich hatte keine Hoffnungen, das war 2002 ein ziemlich hoffnungsloses Unternehmen. Wir haben auf einem Acker angefangen, es funktionierte überhaupt nichts, und zwei Wochen vor der Premiere wollte ich alles hinwerfen. Wäre das ZDF mit seiner Unterstützung nicht gewesen, hätte es keine Festspiele gegeben. Dann wurde es ein Erfolg, und mit den Jahren haben wir uns vom schönen Sommertheater, vom Gefälligkeitstheater wegbewegt hin zum kritischen Theater. Wir haben das Nibelungen-Thema sich auch einmal erholen lassen und „Jud Süß“ gebracht und gezeigt, dass man das Publikum fordern darf. Der Wormser Oberbürgermeister Michael Kissel hat uns zu alldem einen wunderbar funktionierenden Apparat zur Verfügung gestellt.
Wie sehen Ihre Pläne aus, was haben Sie als nächstes vor?
Wedel: Priorität hat jetzt wieder der Film, der ja meine eigentliche Kernkompetenz ist, wie man so schön sagt. Ich werde als nächstes versuchen, ein Drehbuch über die Gegebenheiten auf Mallorca zu schreiben - daraus soll dann eine Komödie werden.