Kultur Die neuen Akzente von Susanne Gaensheimer in der Kunstsammlung
Die Nachfolgerin von Marion Ackermann will mit Wiederentdeckungen, Performances und einem multikulturellen Programm punkten.
Düsseldorf. Am Freitag tritt Susanne Gaensheimer, die bislang das Museum für Moderne Kunst (MMK) in Frankfurt geleitet hat, die Leitung der Kunstsammlung NRW an. Mit Frauenpower, Performance und multimedialen Grenzüberschreitungen will sie Akzente setzen. Dabei kann sie sich der Ministerin für Kultur und Wissenschaft, Isabel Pfeiffer-Poensgen, sicher sein, denn die ehemalige Generalsekretärin der Kunststiftung der Länder gehörte zur Jury, die sie wählte. Mit Ministerpräsident Laschet und Pfeiffer-Poensgen entstehe eine „dynamische Stimmung im Bereich der Kultur“, erklärte die Neue. Davon werde man auch in der Kunstsammlung profitieren.
Die Generaldirektorin am Grabbeplatz startet ihr eigenes Programm im Dezember mit einem ungewöhnlichen Paukenschlag, denn die von ihr favorisierte kubanisch-amerikanische Carmen Herrera wurde 1915 in Havanna geboren und ist mithin 102 Jahre alt. Im Gegensatz zu ihrem kürzlich verstorbenen, ein Jahr älteren Kollegen Karl Otto Götz ist sie jedoch nicht blind, lässt sich von niemandem die Hand führen, sondern arbeitet voller Elan im Rollstuhl unterm Dach in Downtown Manhattan.
Herrera hat einen ungewöhnlichen Lebensweg. Sie wuchs im Umkreis berühmter Kollegen wie Barnett Newman und Mark Rothko auf, die wie sie mit Farbfeldmalerei experimentierten. Aber man habe sie nie richtig wahrgenommen, sondern immer übersehen. Erst vor zehn Jahren sie vom Museum of Modern Art und vom Hirshhorn Museum wiederentdeckt worden.
Gaensheimer betonte jedoch, sie zeige die Künstlerin nicht wegen ihrer Vita und ihrer Selbsttreue, sondern wegen der Qualität ihrer Malerei. „Sie ist eine tolle Malerin im Spiel der puren, geometrischen Formen und Farben. Sie konzentriert sich in ihren konstruktiven Arbeiten auf das absolut Wesentliche. Ihre kompromisslosen, auf zwei Farbakkorden basierenden geometrischen Abstraktionen sind von hoher Qualität. Wir werden sie auch ankaufen“, sagte sie.
Die Ausstellung wurde im Whitney Museum in New York konzipiert und wird in K 20 in abgewandelter und wesentlich erweiterter Form gezeigt. Die Gemälde werden flankiert von radikal minimalistischen Kompositionen und Live-Installationen der Performance-Künstlerin und Choreografin Maria Hassabi aus Zypern in der großen Grabbehalle.
Noch von Gaensheimers Vorgängerin Marion Ackermann geplant ist die Ausstellung von Anni Albers (1899 bis 1994). „Sie galt immer nur als Frau von Josef Albers, aber sie ist eine großartige Künstlerin“, erklärte Ackermanns Nachfolgerin. Mit 17 Jahren war die gebürtige Berlinerin in ein Studienatelier für Malerei und Plastik eingetreten. Als sie als Frau keine Zulassung für die Dresdner Akademie für Malerei erhielt, studierte sie in Hamburg an der Kunstgewerbeschule. 1922 ging sie ans Bauhaus in Weimar, 1931 übernahm sie die Leitung der Weberei in Dessau, aber emigrierte mit ihrem Mann Josef Albers nach der Machtergreifung Hitlers nach USA. „Sie war die Erste, die grenzüberschreitend mit dem textilen Stoff arbeitete und zur großen Kunstform fand.“ Heute sei dies für Künstlerinnen wie Rosemarie Trockel und ihre Generation selbstverständlich, lobt Gaensheimer.
Ende 2018 startet die seit zwei Jahren vorbereitete Ausstellung zum „Museum global“. Das Projekt, gleichfalls von Ackermann angestoßen, wird von der Kulturstiftung des Bundes gefördert und hat den Bundesaußenminister als Schirmherrn. Sein Titel ist „Die ex-zentrische Moderne“, denn es geht um Kunst jenseits von Europa und Nordamerika.