66. Filmfestival Locarno: Stars unterm Sternenzelt
Locarno (dpa) — Zur 66. Ausgabe des Internationalen Filmfestivals verwandelt sich der kleine Ort Locarno am schweizerischen Ufer des Lago Maggiore wieder in das schönste Kino der Welt.
Wieder werden allabendlich rund 8000 Zuschauer auf die von alten Prachtbauten, Restaurants und Luxusgeschäften gesäumte Piazza Grande zu den Freiluftaufführungen pilgern. Dort werden dann auch Stars wie Faye Dunaway und Christopher Lee unterm Sternenzelt gefeiert.
Eröffnet wird das Festival heute (Mittwoch/21.30 Uhr) mit der Action-Komödie „2 Guns“ des isländischen Regisseurs Baltasar Kormákur. Er hatte im Jahr 2000 mit seinem Debüt „101 Reykjavik“ einen enormen Publikumserfolg in Locarno und gewann damals den Preis der Jugendjury. In seinem neuen, in den USA gedrehten Film spielen die Stars Denzel Washington und Mark Wahlberg die Hauptrollen. Das Festival zeigt vom 7. bis 17. August in verschiedenen Sektionen fast 300 Filme.
20 Spiel- und Dokumentarfilme bewerben sich im Hauptwettbewerb um den Goldenen Leoparden, den nach der Palme von Cannes, dem Bären von Berlin und dem Löwen von Venedig begehrtesten Filmfestival-Preis in Europa. Mit dabei ist für Deutschland die Adaption des Bestsellers „Feuchtgebiete“ von Charlotte Roche. Der vor zwei Jahren mit dem Anti-Neonazi-Drama „Kriegerin“ bekanntgewordene Regisseur David Wnendt hat den durch die Beschreibung ungewöhnlicher Sexualpraktiken als Skandal gehandelten Roman verfilmt.
„Feuchtgebiete“ startet kurz nach Festivalende, am 22. August, in den deutschen Kinos. Die Produzenten erwarten offenbar einen Erfolg in Locarno und wollen dessen Werbewirksamkeit daheim nutzen. Auch die Festivalleitung sieht in dem Film wohl einen Publikumsmagneten und präsentiert ihn am Wochenende. Dann herrscht traditionsgemäß der größte Zuschauerzustrom.
Carlo Chatrian, der das Filmfestival Locarno zum ersten Mal als künstlerischer Direktor leitet, bleibt der prägenden Tradition des von Charlie Chaplin mit gegründeten Festivals treu: In Locarno gilt als das A und O, im Hauptwettbewerb um den Goldenen Leoparden und in den anderen Wettbewerben neue Talente und neue Filmsprachen zu fördern.
Zudem setzt Chatrian auch auf die Zugkraft bekannter Namen. Er hat reichlich Prominenz eingeladen. Dazu gehören neben Faye Dunaway und Christopher Lee die Schauspiel-Legenden Jacqueline Bisset, Anna Karina und Victoria Abril. Die Stars werden sich auf der Piazza im Glanz der Scheinwerfer und der Blitzlichtgewitter vom Publikum feiern lassen. Viele posieren in Locarno auch gern am Seeufer für die Paparazzi.
Zu den Berühmtheiten, die ihr Kommen angekündigt haben, gehört der deutsche Regisseur Werner Herzog. Er erhält einen Ehrenleoparden für sein Lebenswerk. Zu diesem Anlass wird er persönlich seinen 1982 uraufgeführten und Dank Hauptdarsteller Klaus Kinski bis heute populärsten Film „Fitzcarraldo“ auf der mehr als 350 Quadratmeter großen Leinwand auf der Piazza Grande präsentieren.
Von den 16 Filmen, die auf der Piazza Grande laufen sollen, wurden neben „Fitzcarraldo“ drei weitere mit starkem finanziellem Engagement aus Deutschland realisiert: das mit Michael Caine prominent besetzte Altersdrama „Mr. Morgan’s Last Love“ der deutschen Regisseurin Sandra Nettelbeck, „Vijay and I“ des Belgiers Sam Gabarski und „The Keeper of Lost Causes“ des Dänen Mikkel Nørgaard.
Die Retrospektive feiert den Regisseur George Cukor (1899 — 1983). Er gilt dank seiner als Klassiker anerkannten Filme wie „Die Kameliendame“ mit Greta Garbo, „The Women“ mit Joan Crawford, „A Star is born“ mit Judy Garland und „My Fair Lady“ mit Audrey Hepburn als bis heute erfolgreichster Frauen-Regisseur der Traumfabrik. Die von ihm kreierten Stars sorgen bereits seit Wochen für Festival-Flair in Locarno: Viele Schaufenster der Ladenpassagen sind mit großen Fotos legendärer Hollywood-Schönheiten geschmückt.