"96 Hours": Papa lässt die Waffen sprechen
Liam Neeson tritt in „96 Hours“ gegen die albanische Mafia an, um seine Familie zu retten.
Mit „96 Stunden“ (Originaltitel „Taken“) hatten sich der französische Produzent Luc Besson und sein Regisseur Pierre Morel 2008 erfolgreich beim amerikanischen Publikum angebiedert. Ungehemmt wurden in dem Rachefeldzug eines aufrechten CIA-Agenten gegen albanische Menschenhändler alle Klischees bedient. Die Rechnung ging auf: Die Geschichte des Amerikaners, der seine Tochter in Paris aus den Fängen brutaler Finsterlinge befreite und dabei keinerlei Gefangenen machte, spielte satte 226 Millionen Dollar ein.
In „96 Hours — Taken 2“ schlüpft Liam Neeson erneut in die Rolle des ehemaligen Geheimdienstlers, der all seine Kampf- und Spionagefertigkeiten einsetzt, um seine Familie zu retten. Statt Paris bietet jetzt Istanbul die illustre Kulisse für das Actionspektakel. Der ehemalige CIA-Mann Bryan Mills hat seine erwachsene Tochter Kim (Maggie Grace) und Ex-Frau Lenore (Famke Janssen) an den Bosporus eingeladen in der Hoffnung, die zerrütteten Familienverhältnisse neu verlöten zu können.
Aber der Versöhnungsurlaub wird empfindlich gestört, als der albanische Mafia-Pate Murad (Rade Serbedzija) am Bosporus auftaucht, dessen Verwandtschaft Mills damals bei der Befreiung seiner Tochter in Paris stark dezimiert hat. Murad will Rache für seinen toten Sohn und entführt den Widersacher samt ehemaliger Ehefrau, um sie möglichst qualvoll sterben zu lassen. Nur Tochter Kim kann entkommen. Dank fernmündlicher Einweisungen durch den Agentenpapa gelingt es ihr, diesen ein paar Handgranatenwürfe später wieder zu befreien.
Mit vereinten Kräften versuchen nun Vater und Tochter, die Freilassung der Mutter zu erwirken. War der erste Teil von erschütternd reaktionärer Einfältigkeit, wird in der Fortsetzung kräftig nachjustiert. Die Figuren kommen hier weniger schematisch daher, Liam Neeson läuft nicht mehr ausschließlich im beinharten Rettermodus herum, sondern darf auch noch ein bisschen väterliche Herzenswärme verbreiten, bevor die Ballerei losgeht.
Auch die Rolle der Tochter wurde über den wehrlosen Opferstatus hinaus ausgebaut, um die Alleinherrschaft des Testosterons aufzulockern. Sogar der Bösewicht wird als Figur halbwegs differenziert ausgeleuchtet, während die Finsterlinge im ersten Teil doch nur wandelnde Zielscheiben waren. Verglichen mit dem ruppigen visuellen Stil des Vorläufers, wirken die Actionszenen im Nachfolgewerk deutlich geschmeidiger und das Arsenal der geheimdienstlichen Fertigkeiten des Helden geht hier über das bloße Abmurksen hinaus.
Die Messlatte des ersten Teils, der von Anfang bis Ende nur auf der Klaviatur der Primärinstinkte spielte, hing in diesem Fall so tief, dass im Sequel alles nur besser werden konnte. „Taken 2“ ist sicherlich alles andere als ein Genremeisterwerk, aber als handwerklich korrektes Actionspektakel mit einem nach wie vor charismatischen Hauptdarsteller geht dieser aufgebesserte Re-launch durch.
Wertung: 3/5