Romanverfilmung "Die Wand": Was bleibt, wenn die Menschen weg sind
Grandios: „Die Wand“ schließt Martina Gedeck in den Bergen ein.
Am Morgen ist sie plötzlich da. Die unsichtbare Wand, die das Häuschen in den Bergen in großem Radius von der Außenwelt abschirmt. Die Frau (Martina Gedeck), die ihre Geschichte in kleinen Buchstaben auf das wenige verbliebene Papier schreibt, war an einem Frühlingstag mit Freunden zu deren Ferienhaus in den oberösterreichischen Bergen gefahren. Das Paar ging auf einem Spaziergang ins Dorf und kam nicht mehr zurück.
Seitdem ist die namenlose Protagonistin in Julian Roman Pölslers „Die Wand“ allein. Langsam findet sie sich ab mit dem Zustand totaler Isolation und fängt an ihr Überleben zu organisieren, pflanzt Kartoffeln aus, geht auf die Jagd, macht Heu für die zugelaufene Kuh.
Der Hund, die Katze, die Kuh und ein weißer Rabe sind die einzigen Lebewesen, zu denen die unfreiwillige Einsiedlerin Kontakt aufbaut. Was bleibt übrig von einem Menschen, der ohne jegliche soziale Beziehungen zu leben muss? Dieser existenziellen Frage ging Marlen Haushofer in ihrem 1963 erschienenen Roman „Die Wand“ nach.
Der österreichische Regisseur Julian Pölsler hat aus der als unverfilmbar geltenden Vorlage einen eindringlichen Film modelliert, der trotz des ereignisarmen Plots seine innere Spannung von Anfang bis Ende hält. Souverän meistert Martina Gedeck diese dialoglose Rolle, in jedoch die Gedanken sichtbar werden.
Aus der totalen Isolation, die zunächst als Alptraumszenario erscheint, erwachsen auf der Leinwand zunehmend faszinierende Aspekte. Die imposante Naturkulisse entwickelt über die Jahreszeiten hinweg einen starken visuellen Sog und verschmilzt mit dem sich wandelnden Seelenzustand der Figur — ein Seherlebnis von nachhaltiger Wirkung.
Wertung: 4/5