Action: "Shoot’Em Up" - Stillzeit im Stahlgewitter

Clive Owen und Paul Giamatti ballern sich in der Gewaltarie „Shoot’Em Up“ von Regisseur Michael Davis um den Verstand.

Düsseldorf. Und da sage noch mal einer, nur Frauen seien zu Multi-Tasking fähig. Während Mr. Smith (Clive Owen) bei einer hochschwangeren Zufallsbekanntschaft in einem Lastenlager mal eben den Geburtshelfer spielt, hält er eine gesichtslose Terroristenarmada unter der Leitung des cholerischen Schmerbauchs Hertz (Paul Giamatti) mit gezielten Revolverschüssen in Schach. Erfolg als strahlender Lebensretter hat er dabei nur zu zwei Dritteln, denn die junge Mutter erliegt kurz nach der Niederkunft einem Kopfschuss. Zeit zu trauern bleibt dem vornamenlosen Einzelgänger nicht. Mit dem Säugling im Arm und jeder Menge Wut im Bauch tritt er den Rückzug an. Als er merkt, dass die Verfolger es aber vor allem auf das Neugeborene abgesehen haben, wird er unfreiwillig zum Ziehvater. Und da er wohl in einem Handbuch gelesen hat, dass weibliche Fürsorge in den ersten Daseinswochen zum Schutz vor späteren Traumata oder Psychosen unabdingbar ist, heuert er die im wahrsten Wortsinn mütterliche Hure DQ (Monica Bellucci) an, während der Flucht den Stillersatz zu geben. Das Motiv ist nicht neu. Der strahlende Held hechtet übers Schlachtfeld, scheinbar unverwundbar trotzt er mit seiner markanten Physis dem Kugelhagel, in seinen Armen ein Kind, nackt, unbedarft, nur durch die breiten Arme des Rächers geschützt. Regisseur Michael Davis bedient sich für seine Krawall-Oper "Shoot’Em Up" unverkennbar bei seinem erklärten Vorbild, Action-Wagnerianer John Woo. In dessen "Hard Boiled" schießt sich Chow Yun-Fat den Weg durch eine Säuglingsstation, ein Stahlgewitter inmitten schlummernder Unschuld.

Der inszenierte Wertekanon bleibt hohle Phrasendrescherei

Auch Clive Owen hat mit dem Schutz gerade geborenen Lebens bereits seine Erfahrungen gesammelt. In "Children of Men", Alfonso Cuarons begeisternder Schussfahrt durch die verzweifelten Aufbäumversuche der aussterbenden Rasse Mensch, kämpft er sich mit dem einzigen Stammhalter der verrohten Gesellschaft durch die feindlichen Linien. Davis bemüht eine ähnliche Metaphorik, lässt Bellucci und Owen als einsilbige Leiheltern geschmeidig dem Bleikaskaden ausweichen, während sie ihr Mündel füttern oder im schweißnassen Kopulationsakt zumindest theoretisch Leben stiften. Dieser inszenierte Wertekanon bleibt allerdings hohle Phrasendrescherei, Effekt heischende Kulisse eines zum Selbstzweck reduzierten Action-Reigens. Sämtliche optischen Kniffe, mit denen sich Verfolgungsjagden, Schießereien und Faustkämpfe in die Theatralik choreografieren lassen, werden virtuos durchexerziert, die dadurch zwangsweise entstehenden Handlungslücken durch bewusst platzierte Geschmacklosigkeiten notdürftig gestopft: Bellucci beglückt ihre Freier mit Stillspielchen, Giamatti bricht seinen Gegnern jeden Finger einzeln in Großaufnahme, und Owen rammt einem Angreifer sein Markenzeichen, eine Karotte, mit voller Wucht in die Augenhöhle. Am Frischgemüse würde er unentwegt mümmeln, weil es seine Sehkraft stärkt, schreit er Bellucci zu, als mal wieder die MG-Salven wie ein Wetterleuchten über sie hereinbrechen. Der Rest ist Ballern. (WZ-Wertung: 2 von 5 Sternen) Daten und Fakten
  • Titel: Shoot´Em Up
  • Regisseur: Michael Davis
  • Darsteller: Clive Owen, Monica Bellucci, Paul Giamatti
  • Genre: Action
  • Länge: 86 Minuten
  • Verleih: Warner
  • Produktionsort/- jahr: USA 2007
  • Startdatum: 20.09.2007
  • FSK: keine Jugendfreigabe
  • Internet: http://www.shootemup.de/