MeToo-Debatte Berlinale: Party-Marathon mit ernsten Untertönen

Berlin (dpa) - Am ersten Berlinale-Wochenende sind traditionell ganz besondere Qualitäten gefragt. Wer bei den diversen Partys und auf den roten Teppichen der Hauptstadt nicht schlapp machen will, braucht Durchhaltevermögen, gutes Schuhwerk und Lust auf Smalltalk.

Foto: dpa

In diesem Jahr mischten sich jedoch auch ernste Töne in die Gespräche auf den Empfängen. Ein Rundgang in fünf Stichworten, die das Partygeschehen 2018 geprägt haben:

DENIZ YÜCEL: Die Erleichterung über die Haftentlassung des „Welt“-Journalisten in der Türkei war mit Händen zu greifen. „Das ist ja kaum zu fassen“, sagte Anke Engelke am Freitagabend bei der Blue Hour der ARD. Da war die Nachricht erst ein paar Stunden alt und gerade ein Autokorso für Yücel vor dem Veranstaltungsort vorbeigefahren. Noch bei der Berlinale-Eröffnung am Donnerstagabend hatte Engelke gemeinsam mit Festivalchef Dieter Kosslick an das Schicksal des ein Jahr in der Türkei inhaftierten Journalisten erinnert.

METOO-DEBATTE: Kaum ein Gespräch am roten Teppich kam ohne eine Frage zu der Diskussion um Machtmissbrauch und sexuelle Gewalt aus. Der Tenor: Gut, dass darüber geredet wird - und: Die Diskussion muss über die Filmwelt hinausgehen. Klare Worte fand etwa Schauspieler Til Schweiger: „Es ist nicht nur in unserer Branche so. Es ist in jeder Branche so, wo Leute Macht haben über andere, wo Leute abhängig sind von anderen.“ Auch seine Schauspiel-Kollegin Karoline Herfurth sieht die gesamte Gesellschaft von der MeToo-Debatte betroffen: „Sie geht jeden was an.“ Schweiger nahm insbesondere die Betroffenen in den Blick: „Vor allen Dingen sollte man erstmal den Opfern glauben und sie nicht diskreditieren, nur weil sie 20 Jahre gebraucht haben, aus dem Trauma aufzuwachen und dann den Mut zu haben, danach an die Öffentlichkeit zu gehen.“

„NOBODY’S DOLL“: Die Initiative von Schauspielerin Anna Brüggemann für Gleichberechtigung und gegen die klassische Rollenverteilung bei der Kleiderordnung auf dem roten Teppich war schon vor der Berlinale ein großes Thema. Bei den Empfängen trugen viele Gäste den Anstecker mit dem Slogan, der auf Deutsch so viel heißt wie „Niemandes Puppe“. Kirsten Niehuus, Chefin des Medienboards Berlin-Brandenburg, hatte den Anstecker gut sichtbar an ihrer Halskette befestigt. „Ich kann mir vorstellen, dass das der Beginn eines langen Weges ist und den Marsch müssen wir gehen“, sagte sie am Samstag beim Empfang, zu dem auch etliche Gäste in Turnschuhen, Jeans und Pulli kamen.

PARTY-MARATHON: Wer mochte, konnte von der Berlinale-Eröffnung am Donnerstag bis Sonntagabend quasi durchfeiern. Das erforderte allerdings einige Vorbereitung. Gerade beim Essen riet die Fernsehköchin Sarah Wiener zur Vorsicht - etwa bei den handlichen Snacks, die bei den Partys quasi immer in Reichweite sind. „Vorher essen“, lautet ihr wichtigster Tipp. Sonst werde es schnell zu viel und zu ungesund. Einen Marathon hatten auch die Autogrammjäger zu absolvieren. Die Promi-Dichte auf der Party-Achse vom Potsdamer Platz bis zum Gendarmenmarkt war hoch - von Til Schweiger, Sandra Hüller, Heike Makatsch, Iris Berben, Elyas M'Barek, Matthias Schweighöfer, Mario Adorf, über „Tatort“-Kommissare wie Maria Furtwängler, Ulrike Folkerts oder Udo Wachtveitl bis hin zu Ex-Bundespräsident Christian Wulff mit seiner Frau Bettina und Filmproduzenten wie Regina Ziegler oder Arthur „Atze“ Brauner, der dieses Jahr 100 wird.

PARTY-HINGUCKER DES WOCHENENDES: Jorge Gonzales und Lars Eidinger. Beim Auftritt von Sister Sledge („We Are Family“) bei der „Place to B“-Party der „Bild“-Zeitung im Borchardt war der „Let's Dance“-Juror am Samstagabend nicht mehr zu halten. Er enterte kurzerhand die Mini-Bühne und tanzte mit den Sängerinnen. Die Zuschauer fanden's toll. Eine sichere Bank war in diesem Jahr wieder einmal Lars Eidinger als DJ am Plattenteller bei der Party von „Bunte“ und BMW am Gendarmenmarkt. Mit grell leuchtendem Neon-Pulli, Stickern im Gesicht und einer Lars-Eidinger-Maske auf dem Kopf heizte der Berliner Theaterstar dem Partyvolk ordentlich ein. Gäste mit Musikwunsch hatten jedoch Pech: „Ich nehme die Wünsche alle an, aber ich spiele davon keinen.“ Warum? „Es macht mir keinen Spaß. Dann ist es eine reine Dienstleistung. Ich versuche, mich ja auch künstlerisch auszudrücken.“