„Chroniken der Unterwelt“: Hybrid zwischen den Welten (mit Trailer)
In „Chroniken der Unterwelt“ kämpfen Engel gegen Dämonen. Was fehlt, ist eine sinnstiftende Geschichte.
Düsseldorf. Das Paralleluniversum ist heute der Generalschlüssel zum Erfolg von Jugendromanen. Harry Potter machte den Anfang, als er durch die Mauer hindurch den Bahnsteig 9¾ am Londoner Kings Cross betrat. Und ihm folgten zahllose junge Heldinnen und Helden, die hinter der eigenen Realität eine abenteuerliche Fantasiewelt entdeckten.
Dabei docken all diese Geschichten am universellen Grundempfinden des Teenager-Daseins an. Die Sehnsucht, der langweiligen, von Erwachsenen dominierten Existenz zu entfliehen, gehört zur Pubertät wie die Pickel auf der Stirn.
Ganz dicht an die Realität hat die Fantasy-Autorin Cassandra Clare ihr Paralleluniversum gebaut. Mitten in New York City t12un sich — für Normalsterbliche nicht sichtbar — riesige Kathedralen und Schlösser auf. Im Zentrum der Handlung steht die junge Clary Fray (Lili Collins), deren friedliches Jugendleben ein plötzliches Ende findet, als sie erfahren muss, dass sie als Hybrid zwischen Mensch und Engel zum Schattenjägerdasein berufen ist. Von dem hyperattraktiven Dämonenbekämpfer Jace (Jamie Campbell Bower) lässt sie sich nur zu gerne für die Geheimarmee rekrutieren, nachdem ihre Mutter von unbekannten Finsterlingen entführt wurde.
Im gefühlten Viertelstundentakt werden Dämonen in steigender Zahl aus dem Hut gezaubert und zur Strecke gebracht. Dazwischen hat Regisseur Harald Zwart seine liebe Mühe, die Gesetzmäßigkeiten der Parallelwelt zu erklären und die Dramaturgie aufzubauen.
Hexen, Werwölfe, Vampire und Monster schießen wie Flipperkugeln durch den filmischen Raum, als wollte Zwart die Gästeliste der Fantasyfilme aus den vergangenen zehn Jahren abhaken. „Chroniken der Unterwelt“ baut eher auf Wiedererkennungseffekte als auf eigene Originalität.
Die Residenz der Dämonenkrieger wirkt wie ein entvölkerter Nachbau von Hogwarts, auf der Romantikebene orientiert sich Zwart an den Twilight-Vorgaben. Auch hier wird ein blasser, androgyner Alleskönner zum Objekt der Begierde. Im knackigen Lederoutfit tänzelt Jamie Campbell Bower durch die Kampfchoreographien.
Wenn er nach getaner Arbeit das blonde Engelshaar aus dem Gesicht streift und die vollen Lippen zu einem leichten Lächeln formt, schmelzen nicht nur Mädchenherzen wie Butter in der Sonne dahin.
Eine große Lovestory kommt trotzdem nicht in Gang, weil die Liebe durch dramatische Verwicklungen im Telenovela-Format in ihre Grenzen verwiesen wird und man ohnehin mit der Rettung der Welt zu sehr beschäftigt ist.
Das passt zum durchgehend unfokussierten Erzählstil, mit dem Zwart wie ein vergessliches Eichhörnchen durch den 500 Seiten starken Roman hoppelt und zwischen konventionellen Action-Effekten, romantischen Episoden und hineinkopierten Formatvorlagen keine auch nur halbwegs sinnstiftende Geschichte in Gang bekommt.