Der unglaubliche Hulk: Ein Superheld sieht Grün

Edward Norton sorgt als Bruce Banner für etwas Tiefgang. Regisseur Leterrier setzt lieber auf Action.

Die Bestimmung von Superhelden ist normalerweise klar: Sie erfüllen ihre Missionen und setzen dabei entschlossen ihre Superkräfte ein, um das Böse zu bekämpfen. Was aber, wenn ein Superheld seine Superkräfte gar nicht will? So ergeht es nämlich Bruce Banner, der sich nach einem fehlgeschlagenen Experiment regelmäßig in den grünen Kraftprotz Hulk verwandelt. Doch anstatt seine Macht zu genießen, will sich der eigentlich eher friedliebende Wissenschaftler nicht als Kampfmaschine für militärische Zwecke instrumentalisieren lassen. Ausgehend von diesem Konflikt entwickelt Regisseur Louis Leterrier mit einem brillanten Edward Norton in der Hauptrolle sein actiongeladenes Drama "Der unglaubliche Hulk".

Inhaltlich knüpft Leterrier damit an den Hulk-Vorgängerfilm von Ang Lee an: In "Hulk" (2003) zog sich Bruce Banner nach etlichen Wirrungen schließlich nach Südamerika zurück, um fernab der Heimat ein halbwegs normales Leben zu führen. Diese Idee greift "Der unglaubliche Hulk" in seinen ersten Sequenzen auf und lässt Norton als einfachen Fabrikarbeiter durch düstere Favelas in Brasilien streifen.

Eine stringente Fortsetzung des ersten Hulk-Films ist das neue Werk allerdings nicht, dafür unterscheiden sich die Herangehensweisen der beiden Regisseure zu deutlich. Während Arthouse-Ikone Lee ("Brokeback Mountain") - angelehnt an die erfolgreichen Marvel-Vorlagen - mit an Comics erinnernden Bildern auf ein psychologisch aufgeladenes Drama mit nur vorsichtig dosierten Actioneinlagen setzte und den Vater-Sohn-Konflikt in den Mittelpunkt stellte, sind dem Franzosen Leterrier ("Transporter", "Transporter II") adrenalingeladene Kampfszenen lieber.

Er hetzt Banner schon bald das US-Militär auf den Hals, so dass schnell klar wird: Der psychologische Konflikt seines Helden ist nur eine Randerscheinung, seine Verwandlung zum übermächtigen Hulk dafür umso wichtiger. Daher wird Banner in regelmäßigen Abständen von verschiedene Herausforderern angestachelt, so dass sein Puls zu rasen anfängt - und er sich in den wütenden Hulk verwandelt, der Autos und riesige Maschinen wie kleine Rosinen durch die Luft schmeißt und dem noch so gefährliche Munition nichts anhaben kann.

Besonders tragisch ist dabei die Liebesgeschichte, die bei Leterrier ebenfalls eine größere Rolle als noch bei Lee spielt. In der Hoffnung auf Heilung kehrt Banner aus der Abgeschiedenheit Brasiliens nach Hause zurück, wo er erwartungsgemäß seine große Liebe Betty (reizend: Liv Tyler) wiedertrifft. Die jedoch ist die Tochter des ehrgeizigen Generals Ross, der Hulk unbedingt fangen und als Prototyp eines neuen, unbesiegbaren Soldaten nutzen will. Um das zu erreichen, verabreicht er dem machtgierigen Soldaten Emil Blonsky (ekelhaft gut: Tim Roth) das gleiche Mittel, das Banner zu Hulk machte.