Drama: Ein Schmetterling im Großstadt-Sturm

In „Happy-Go-Lucky“ treibt Lehrerin Poppy die gute Laune bis zur Schmerzgrenze.

Düsseldorf. Das Fahrrad ist weg. Gestohlen. Und Poppy konnte sich nicht einmal verabschieden. Was andere in nullkommanix auf die Palme bringt, kommentiert sie mit zärtlichem Nachruf. Gute Laune ist für diese Frau nicht Ausnahme, sondern Regel. "Happy-Go-Lucky", gut drauf sein, immer und überall - so lebt sie und so kleidet sie sich. Sind Londons Frauen ohnehin für schrillen Geschmack bekannt, toppt diese Grundschullehrerin jede Vorstellung: orangefarbene Flokati-Jacke, Netzstrümpfe mit Dschungeloptik zu grünem Blümchen-Mini.

Dabei ist längst nicht alles easy going: Der Fahrlehrer triezt sie mit rassistischen Weltanschauungen und reaktionären Erziehungsmethoden. Der verspannte Rücken schmerzt trotz Trampolin-Gymnastik. Und Männer haben sich aus Poppys Leben schon seit längerer Zeit verabschiedet. Doch statt Trübsal zu blasen zieht sie mit ihren Freundinnen um die Häuser oder bastelt Hühner-Hüte für ihre Schüler.

Regisseur und Drehbuchautor Mike Leigh hat sich für seine Hauptdarstellerin Sally Hawkins viele Situationen ausgedacht, in denen sie wie ein Schmetterling durch die Stürme unserer Großstadtwelt flattert. Poppy hat eine Mission: Das Leben ist schön, lautet ihre schlichte wie charmante Weisheit. Auch wenn ein Schüler dem anderen auf die Nase haut. Auch wenn die beste Freundin sich zu einem schwangeren Ungeheuer entwickelt. Und sogar dann noch, wenn der Fahrlehrer handgreiflich wird. Das ist zuweilen schwer zu ertragen.

Immer dann, wenn diese Komödie ins Nervige zu kippen droht, schickt Leigh Poppy in die nächste Situation und lässt sie himmlisch albern und zugleich verblüffend tiefgründig ihre Philosophie unters Volk bringen. Dafür gab es den Silbernen Bären - und für das schönste erste Date, das in diesem Jahr auf der Kinoleinwand zu sehen war.