Drama: Ein letzter Tag in Trauer

Colin Firth liefert eine Glanzleistung in „A Single Man“ als lebensmüder Professor, der den Tod seines Liebhabers betrauert.

Es ist der letzte Tag, den er erleben wird. Dessen ist sich George Falconer (Colin Firth) sicher. Seit sein Lebensgefährte (Matthew Goode) bei einem Verkehrsunfall ums Leben kam, ist sein Dasein nur noch triste Leere.

Dumpf lastet der Alltag auf ihm, nichts macht mehr Sinn, alles scheint banal. Weder sein Job als Literaturprofessor noch die gut gemeinten Aufmunterungsversuche der Nachbarn oder die alkoholtrunkenen Abendessen mit seiner besten Freundin Charley (Julianne Moore) können ihn ins Leben zurückholen.

Wenn er doch sowieso schon tot ist, denkt er sich am Morgen des 30. November 1962, kann er sich auch das Leben nehmen. Seinen Abgang plant er für den Abend. Vorher will er noch einmal einen ganz normalen Tag verbringen - an der Uni, bei Charley, in der Bar. Nur um zu bestätigen, dass es sich nicht mehr lohnt, auf den Tod zu warten.

Dass "A Single Man" von einem Modedesigner inszeniert wurde - noch dazu nicht von einem x-beliebigen, sondern von Tom Ford - merkt man dem Film in jeder Sekunde an. Es sind Bilder wie aus einem Hochglanzkatalog. Jede Sequenz ist peinlichst genau austariert, ein bisschen so, als hätte ein Buchhalter vor jedem einzelnen Dreh das gesamte Set im rechten Winkel vermessen.

Kein Staubkorn stört das makellose Schwarz, in dem Falconers Lederschuhe glänzen, der Krawattenknoten des Akademikers sitzt in perfekter Symmetrie, sein Luxusbungalow ist ein Bauhaus-Museum aus Mies van der Rohe und Le Corbusier.

Dieser meist in Zeitlupe dokumentierte Design-Overkill droht dem Regiedebüt von Ex-Gucci-Chef Ford an manchen Stellen sprichwörtlich den Atem zu rauben. Nichts erscheint mehr menschlich, alles sieht nach Vogue-Cover aus.

Letztlich erweist sich aber genau diese Überästhetisierung als perfekte Kulisse für den letzten Tag im Leben eines verzweifelten Schöngeists. Es regiert mehr Schein als Sein, das Leben - ein ständig sich wiederholendes Wechselspiel aus gepflegter Langeweile und unterdrückter Enttäuschung. Bevor man davon psychisch zerquetscht wird, zieht man lieber den Abzug.

Die eigentliche Show ist aber letztendlich nicht das elegische Bildgewitter, sondern Hauptdarsteller Colin Firth ("Bridget Jones", "Mamma Mia!"), der es mit jedem starren Blick, jeder vornehm zurückhaltenden Geste schafft, diesen ersterbenden Charakter zu verkörpern.

Seine hohe Schauspielkunst offenbart sich am eindrucksvollsten, wenn er in einer Rückblende den Anruf entgegennimmt, durch den er erfährt, dass sein Freund verunglückt ist. Allmählich weicht sämtlicher Lebensmut aus seinem Gesicht. Dass die Familie seines Liebhabers ihn nicht bei der Beerdigung dabei haben will, kann ihm da schon nichts mehr anhaben. Mit Recht war dieses zurückhaltende und anrührende Spiel von Firth für den Oscar nominiert.