Erster Goldener Bär für Rumänien
Berlin (dpa) - Erstmals in der Geschichte der Berlinale ist ein rumänischer Film mit dem Goldenen Bären ausgezeichnet worden. Die Jury der 63. Internationalen Filmfestspiele Berlin vergab den Hauptpreis am Samstagabend an Calin Peter Netzers Psychodrama „Die Stellung des Kindes“ („Pozitia Copilului“).
Der Film des in Stuttgart aufgewachsenen Rumänen erzählt von einer schwierigen Mutter-Sohn-Beziehung in einer korrupten Gesellschaft.
Der deutsche Wettbewerbsbeitrag „Gold“ von Thomas Arslan ging bei der Bären-Vergabe leer aus. Als beste Schauspieler wurden die Chilenin Paulina García und der bosnische Roma Nazif Mujic, ein Laiendarsteller, mit Silbernen Bären geehrt.
Die internationale Jury unter Vorsitz des chinesischen Regisseurs Wong Kar Wai („In The Mood For Love“) vergab insgesamt vier Preise an osteuropäische Filmkünstler. Neben dem Goldbären für Netzer gab es gleich zwei Auszeichnungen für das halbdokumentarische Drama „Eine Episode aus dem Leben eines Metallsammlers“ („Epizoda u zivotu beraca zeljeza“) von Oscar-Preisträger Danis Tanovic („No Man's Land“) aus Bosnien-Herzegowina.
Tanovic nahm den begehrten Großen Preis der Jury entgegen. Sein Hauptdarsteller Nazif Mujic wurde außerdem mit dem Preis als bester Schauspieler geehrt. Mujic spielt in dem Film eine reale Episode aus dem tragischen Leben seiner Familie nach. Weil die Familie die Krankenhausbehandlung für die schwangere Mutter nicht bezahlen kann, stirbt die Frau fast. Nach Kasachstan ging die Auszeichnung für die beste Kamera: Aziz Zhambakiyev drehte die berührenden Bilder für das Adoleszenz-Drama „Harmony Lessons“ („Uroki Garmonii“; Regie Emir Baigazin).
Als beste Schauspielerin wurde die Chilenin Paulina García geehrt. Sie spielt in „Gloria“ von Sebastián Lelios eine Endfünfzigerin, die noch einmal von der großen Liebe träumt. Den Silbernen Bären für das beste Drehbuch verlieh die Jury dem in seiner Heimat verfolgten iranischen Regisseur Jafar Panahi. Sein als Bären-Favorit gehandelter Film „Geschlossener Vorhang“ („Pardé“) erzählt, was es bedeutet, als Filmemacher nicht arbeiten zu können.
Dem mit Arbeitsverbot belegten Panahi war die Reise nach Berlin trotz mehrfacher Bitten der Bundesregierung nicht erlaubt worden. Für ihn nahm sein Co-Regisseur Kamboziya Partovi die Auszeichnung entgegen. Er sagte: „Das Aufhalten eines Künstlers und eines Denkers war niemals möglich.“
In die USA ging der Bär für die beste Regie. Die Jury, in der auch der deutsche Regisseur Andreas Dresen („Halt auf freier Strecke“) saß, entschied sich für David Gordon Greens lakonische Selbstfindungs-Story „Prince Avalanche“.
Im Gewinnerfilm „Die Stellung des Kindes“ will eine neureiche Frau ihren Sohn mit allen Mitteln vor dem Gefängnis bewahren, nachdem dieser ein Kind totgefahren hat. „Das ist ein Problem und das beschreibt die Realität“, sagte der 37-jährige Netzer. Der Film startet in Rumänien am 8. März in den Kinos, für Deutschland gibt es noch keinen Termin.
Der skurrile kanadische Film „Vic+Flo haben einen Bären gesehen“ von Denis Côté wurde von der Jury mit dem Alfred-Bauer-Preis prämiert. Die nach dem ersten Festivaldirektor benannte Auszeichnung wird an Werke verliehen, die neue Perspektiven der Filmkunst eröffnen.
Eine lobende Erwähnung erhielten die gebürtige Südafrikanerin und heutige Wahl-Berlinerin Pia Marais für „Layla Fourie“ sowie US-Regisseur Gus Van Sant für „Promised Land“ mit Matt Damon in der Hauptrolle.