„Feuerteufel“: Neuling Wotan Wilke Möhring bewährt sich am „Tatort“
Der erste Fall für Wotan Wilke Möhring als Ermittler Thorsten Falke. Jungregisseur Özgür Yildirim hat den neuen norddeutschen „Tatort“ als modernen, vibrierenden Film noir angelegt.
Hamburg/Berlin. Die ganze Stadt erscheint gereizt, genervt, geladen. Tagsüber flirrt Sommerhitze. Nachts gehen Unbekannte um und fackeln Autos ab, eine Frau stirbt dabei. Bürger rotten sich zur Bewachung ihres Eigentums zusammen, weil die Polizei nur wenige Fälle aufklärt.
Und Hauptkommissar Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring), der Wohnung und Tütenmilch mit einer Katze teilt, ärgert sich über seinen Team-Kollegen Jan (Sebastian Schipper). Der wird Vater und wandert in den Innendienst ab. „Du bist 'n Scheißverräter“, blafft er ihn an. Nun muss Falke an seiner Seite eine Blondine in Hotpants ertragen - LKA-Spitzenjuristin Katharina Lorenz (Petra Schmidt-Schaller), die bei der Kripo hospitiert.
Wie einen modernen Film noir, der die Unruhe und Unordnung unserer Welt spiegelt, hat Fernseh-Regiedebütant Özgür Yildirim (im Kino: „Chico“, „Blutzbrüder“) den ersten Fall des norddeutschen „Tatort“-Ermittlers Falke inszeniert. „Feuerteufel“ heißt die nicht nur atmosphärisch starke - und ebenfalls in Hamburg verortete - Folge, mit der Möhring (45) seinem Freund und neuen Kollegen Til Schweiger auf dem Fuße folgt.
In dessen eher actionhaft-plakativem „Tatort“-Einstand am 10. März, den 12,57 Millionen Zuschauer verfolgten, hatte sich der TV-Star Möhring („Der letzte schöne Tag“) bereits einen selbstironischen Kurzauftritt in Form eines gemeinsamen Toilettenbesuchs herausgenommen. Deutlich vielschichtiger geht es in seinem Fall zu.
Da ist der Kommissar selbst, von dessen nicht unkompliziertem Vor- und Innenleben einiges verraten wird. Falke stammt aus Billstedt, einem sogenannten „Problemviertel“ der Hansestadt mit hohem Anteil an Arbeitslosen und Menschen mit Migrationshintergrund. Dort hat der Kripomann zwar keinen seelischen Schaden erlitten, doch schärfte das Aufwachsen auf der Straße seinen Sinn für Recht und Unrecht. Und seine Fähigkeit, andere schnell einzuschätzen und passend anzusprechen.
Das kommt ihm gerade bei seinen aktuellen Ermittlungen zugute, denn im Visier der Polizei steht ein junger Billstedter (David Berton) mit aggressivem Umfeld - der zündet Autos an, um seiner Freundin zu imponieren. Falke, ein ziemlich sympathischer, aus dem Bauch heraus agierender Typ, ist außerdem ohne geregelten Familienhang.
Dass er Vater eines Sohnes ist, fällt ihm erst beim bierseligen Versöhnungs-Pizzaessen mit Jan nach dessen deutlichem Nachfragen wieder ein. Die Mutter seines Kindes hat er ewig nicht mehr gesehen. Hier, im ganz privaten, familiären Bereich, deutet der Film denn auch zart eine mögliche Gegenwelt zur stressigen Alltagswirklichkeit an. Doch zunächst ist der Kommissar noch extrem genervt - nicht zuletzt von der hoch intelligenten Hospitantin Katharina.
Nur allmählich bannt sich zwischen beiden eine Entwicklung an, auf die man noch gespannt sein darf. Die Stimmung in der Stadt wird dagegen im Laufe ihrer Arbeit zusehends explosiver. Die autonome Szene gerät in Aufruhr und selbst der biedere Witwer Mintal (Bernhard Schütz) radikalisiert sich: In den Medien lässt er ein Kopfgeld von 25 000 Euro auf den Mörder seiner Frau aussetzen, die beim Wagenbrand am Elbufer den Tod fand.
Nach der Lösung seines ersten Falls darf Falke übrigens ganz tief durchatmen: Die nächste Aufgabe wartet auf ihn auf einer Nordseeinsel.