Greenberg: Auf ewig gefangen in der Sinnkrise
Ben Stiller spielt in „Greenberg“ ein Opfer der Generation X.
Düsseldorf. Jede Generation hat ihr gesellschaftliches Kreuz zu tragen: Die Nachkriegsjugend holte irgendwann ihre Weigerung ein, sich mit den Gräueln des Nationalsozialismus auseinanderzusetzen. Die verkopften 68er hatten irgendwann schwer an ihrem gewaltbereiten Polit-Aktionismus zu kauen. Die nihilistische Null-Bock-Generation litt später am Bildungsknick. Und die dekadenten 80er-Yuppies an der Sinnfrage. Nur die sogenannte Generation X, beheimatet in den frühen 90ern, entwickelte kein lebensbestimmendes Trauma. Zumindest schien es lange so.
Tatsächlich war aber auch die systematische Unentschlossenheit, die diese Generation ausmachte, ein toller Nährboden für Psychosen und Krisen. Regisseur Noah Baumbach ist als 69er-Jahrgang ein Paradeexemplar dieses von der großen Sinnsuche geprägten Jugendzeitgeists. Seine qualvolle Pubertät als Sohn zweier Intellektueller hat er bereits in "Der Tintenfisch und der Wal" (2005) verarbeitet. Jetzt rechnet er mit seinen Altersgenossen ab. Und zwar knallhart.
Ben Stiller spielt Roger Greenberg, eine gescheiterte Existenz - weinerlich, hypochondrisch, selbstgerecht und pseudointellektuell. In den Neunzigern war er Mitglied einer Grunge-Band, die in der Szene ziemlich beliebt war. Als aber eine Plattenfirma das Quartett groß rausbringen wollte, scheiterte der Millionen-Deal an Greenbergs Veto. Er wollte sich seine künstlerische Integrität bewahren. Seine ehemaligen Bandkollegen sind bis heute sauer auf ihn. Und Greenberg hat nicht viel auf die Reihe gebracht außer einer halbherzigen Tischlerlehre. Wie ein Rockstar fühlt er sich bis heute - ohne zu merken, wie armselig er dadurch wirkt.
Nach einem Nervenzusammenbruch soll der 41-Jährige in der Villa seines Bruders ausspannen, während der im Ausland weilt. Einziger Kontakt zur Außenwelt ist dessen Haushälterin Florence (Greta Gerwig), Mitte 20 und beziehungsgestört. Mit ihr fängt Greenberg eine unbeholfene Romanze an, durch die ihm zum ersten Mal in seinem Leben seine grenzenlose Egozentrik bewusst wird.
Vergeigte Gespräche und zielloses Rumhängen prägen in diesem leisen, treffenden Generationenporträt die verzweifelten Versuche der Protagonisten, im Leben anzukommen. Auf der diesjährigen Berlinale bot der Film das größte Polarisationspotenzial: Die Generation über 50 fand ihn entsetzlich langweilig, die Jüngeren amüsierte das gelähmte Treiben eines Perspektivlosen mit Peter-Pan-Komplex prächtig.