Hollywood-Produzent Corman will Unabhängigkeit

München (dpa) - Hollywood-Produzent Roger Corman gilt als König der Billigfilme. Hunderte Streifen hat der 85-Jährige als Produzent oder Regisseur ins Kino gebracht und auch sein eigenes Leben schaffte es auf die Leinwand.

Die Dokumentation „Corman's World“ zeigt den Aufstieg des unabhängigen Produzenten, der sich über Jahrzehnte ein eigenes kleines Film-Imperium aufbaute. Corman selbst präsentierte den Film am Wochenende auf dem Filmfest München. Im Interview mit der Nachrichtenagentur dpa spricht er über seine Unabhängigkeit und erzählt von seiner ersten Begegnung mit Jack Nicholson.

Mister Corman, Sie werden immer wieder „König der B-Movies“ genannt. Warum gefällt ihnen das nicht?

Roger Corman: „Ich habe nichts gegen die Bezeichnung, sie ist nur sachlich falsch. B-Movies waren Filme, die in den 1930er Jahren als Doppel-Feature mit einem teuren Film gedreht wurden. Zwei zum Preis von einem. Seit den 30er Jahren hat technisch gesehen niemand mehr ein B-Movie gedreht - ich auch nicht.“

Sie sind jetzt schon eine ganze Weile im Filmgeschäft. Allein technisch hat sich in der Zeit unglaublich viel getan...

Corman: „Die Veränderungen sind riesig. Und die Spezialeffekte sind denen aus meiner Anfangszeit natürlich meilenweit überlegen. Das ist gut, aber das ist auch ein zweischneidiges Schwert. Manchmal sind die Filmemacher von den Spezialeffekten so beeindruckt, dass sie darüber die Geschichte des Films vergessen. Man muss sich immer daran erinnern, dass die Story des Films immer an erster Stelle steht.“

Haben sich auch die Rahmenbedingungen geändert? Ist der Druck heute vielleicht größer als früher?

Corman: „Druck war immer da. Was sich geändert hat, ist aber Folgendes: Früher sind alle Low-Budget-Filme immer noch ins Kino gekommen. Das ist heute längst nicht mehr so und das finde ich wirklich schade. Die Macht der großen Studios - und das ist keine böse Macht, ich meine das schlicht wirtschaftlich - ist einfach so groß, dass es keine Möglichkeit gibt, damit zu konkurrieren.“

Sie halten einen Rekord und haben es geschafft, den Film „Der kleine Horrorladen“ in nur zwei Tagen und einer Nacht zu drehen. Um den Film ranken sich viele Gerüchte. Klären Sie uns auf?

Corman: „Es fing so an, dass das Studio, in dem ich damals ein kleines Büro hatte, für ein paar Wochen nicht ausgebucht war. Sie hatten aber noch ein Set aufgebaut und wollten es abreißen. Ich habe dann gefragt, ob ich mit den Kulissen etwas ausprobieren kann. Dann habe ich die Idee für den "Horrorladen" entwickelt und den Film in zwei Tagen und einer Nacht gedreht - nur aus Spaß.“

Sind sie auf diesen Film besonders stolz?

Corman: „Ich weiß nicht, ob ich wirklich stolz sagen würde. Er ist aber der, den ich am liebsten habe. Es ist ein bisschen so wie ein Vater mit einem Idioten-Kind. Du bist vielleicht nicht stolz darauf, hast es aber sehr lieb.“

Warum haben Sie nie versucht, in die allererste Reihe der Hollywood-Produzenten aufzusteigen und Filme mit ganz großen Budgets zu machen?

Corman: „Ich habe ein paar Filme für die großen Studios gemacht und das war auch alles okay. Das Problem ist nur, dass so viele Leute mitreden wollen, wenn es um das große Geld geht. Und da ich absolut antiautoritär veranlagt bin, lag mir das nicht. Wenn ich meine eigenen Filme mache, kann ich meine eigenen Entscheidungen treffen. Und da ich nicht so viel Geld habe, mache ich billige Filme.“

Sie gelten als Entdecker und Mentor von Jack Nicholson; seinen ersten Film drehte er mit Ihnen. Haben Sie sein Talent sofort erkannt?

Corman: „Ja. Ich war ja früher Ingenieur und als ich Regisseur wurde, fiel mir der technische Aspekt, die Arbeit mit der Kamera, sehr leicht. Aber ich wusste nicht genug über die Schauspielerei. Und darum habe ich damals eine Schauspielschule besucht. Nicht um Schauspieler zu werden, sondern um etwas über die Arbeit mit Schauspielern zu lernen. Und da im Unterricht habe ich Jack zum ersten Mal getroffen. Er war mit Abstand der talentierteste Schauspieler in der Klasse.“

Was macht Ihrer Ansicht nach Talent aus - in der Schauspielerei und in der Regie?

Corman: „Bei Schauspielern ist es Kreativität und der Zugang zu den eigenen Gefühlen. In der Regie kommt es auf viele Dinge an. Ich habe aber nie einen Regisseur oder Produzenten getroffen, der längere Zeit erfolgreich war und nicht intelligent war. Man kann einen Erfolg haben, wenn man nicht ganz so schlau ist - aber keine lange Karriere. Außerdem sind alle erfolgreichen Regisseure in der Lage, sehr hart zu arbeiten und alle sind kreativ. Es ist also eine Kombination aus diesen drei Dingen: Intelligenz, harte Arbeit und Kreativität.“

Interview: Britta Schultejans, dpa