Interview mit dem Schauspieler Thomas Kretschmann: Einer, der’s geschafft hat
Thomas Kretschmann erzählt über den Film „Transsiberian“ und sein international geführtes Leben.
Herr Kretschmann, Sie scheinen ein Dauergast im Kino zu sein. Jetzt sieht man Sie in "Transsiberian" an der Seite eines Branchengroßen, von Sir Ben Kingsley. Wie war die Arbeit mit ihm?
Kretschmann: Sehr angenehm! Es war ein Vergnügen, diesen Mann zu beobachten. Ich bin sowiesoein Voyeur. Für mich ist es ein echter Spaß, am Set zu sitzen und zu beobachten, was alle tun. Bei meinem ersten Hollywoodfilm "U 571" spielte Harvey Keitel mit, den ich sehr verehre. Der hat sich erst ziemlich verrückt aufgeführt, weil er gemerkt hat, dass er von allen abgecheckt wird. Kingsley war aber sehr charmant.
Kretschmann: Für mich war’s eher ein Spaziergang. Ich hatte mich vorher ein Jahr lang mit "Eichmann" geplagt, weil ich vor der Rolle richtig Manschetten hatte. "Transsiberian" habe ich aus Spaß gedreht, das war stressfrei. Woody Harrelson und Emily Mortimer sind tolle Kollegen, auf Regisseur Brad Anderson war ich sehr gespannt.
Kretschmann: Ja, das kann man so sagen.
Kretschmann: Gut! Ich habe nicht erwartet, dass man mir die Rolle anbietet, und war überrascht. Eswar eine Chance. Im letzten Jahr sind Dinge, die ich erwartet habe, nicht eingetreten, dafür haben sich ganz andere ergeben, die vielleicht sogar besser waren.
Kretschmann: Je älter man wird, desto mehr merkt man: Man kann nichts lenken im Leben, man kann sich nur anbieten - nicht anbiedern! Und dann kommt’s so, wie es kommt. Ich werde gelassener, ich bin an einem Punkt, wo ich mir nichts mehr beweisen muss. Das macht mich freier und die Arbeit macht noch mehr Spaß.
Kretschmann: Nein, das habe ich alles schon immer geahnt. Ich bin zu vielen Filmen gekommen wie die Jungfrau zum Kind. Bei "Wanted" z.B. hatte ich nicht mal das Buch gelesen, als ich zum Gespräch ging. Und das habe ich auch offen gesagt: "Wenn ihr mich engagiert, lese ich auch das Buch!" Ich bin mir sicher, ich hätte die Rolle nicht bekommen, wenn ich sie echt gewollt hätte.
Kretschmann: Ja, nachdem "Der Pianist" in den USA angelaufen war und die ganzen Oscars bekommen hatte, da wurde es einfacher. Davor hieß es: "Wie war noch Ihr Name? Wollen Sie sitzen oder stehen?", und danach hieß es: "Was Sie gemacht haben, war toll!" Dann fühlt man sich natürlich gleich anders. Ist ja klar!
Kretschmann: Keine Ahnung. Ich denke nicht darüber nach. Meine Frau ist Russin. Meine Kinder sprechen russisch, englisch und etwas deutsch, sagen mal: "Wir sind aus Berlin", mal "Wir sind aus St. Petersburg". Und in Los Angeles ist ja keiner von da! Ich fühle mich überall zuhause, ich habe damit kein Problem.
Kretschmann: Wenn es geht, nehme ich die Kinder mit ans Set. Ich nehme sie dafür auch raus aus der Schule. Wenn sie zwei Wochen mit mir nach Marokko kommen, wo ich "Mogadischu" gedreht habe, lernen sie vielleicht mehr als in dieser Zeit in der Schule! Bei "Wanted" waren sie mit in Prag.
Kretschmann: Meine Kinder setzen sich an jeder Ecke der Welt an jeden Tisch, die kommen damit klar. Sie wissen, dass es andere Sitten und Gebräuche gibt. Alles ist interessant. Die würden nie sagen: "Das ist aber anders als wir es kennen, damit haben wir ein Problem." Das zu lernen ist viel wichtiger, als mal in der Schule zu fehlen, weil sie nie Probleme mit der Welt haben werden.