Jean Dujardin: Der bodenständige Schöne
Jean Dujardin ist der bestbezahlte Schauspieler Frankreichs und gilt mit „The Artist“ als heißer Anwärter auf den Oscar.
Paris. Chapeau, Monsieur Dujardin! Das französische Publikum liegt dem Filmstar schon seit Jahren zu Füßen, nun schickt sich Jean Dujardin (39) an, den Kino-Olymp zu erstürmen.
Und niemand scheint den Hauptdarsteller des wundervollen Stummfilms „The Artist“ aufhalten zu können. Gestern Lorbeeren in Cannes, heute der „Golden Globe“ und morgen vielleicht der „Oscar“. Ein Mann im Rausch der Verehrung: Nebenbei hat ihn das Magazin „GQ“ noch zum „Mann des Jahres 2011“ gekürt.
Jean Dujardin, Frankreichs neuer Belmondo, zählt zu jenen Charmebolzen, denen man nicht widerstehen kann. Der Mime ist mit allen Gaben gesegnet, aus denen Weltstars geformt werden: schauspielerisches Talent im Überfluss, umwerfendes Aussehen, eine große Porti Witz, ein kräftiger Schuss Männlichkeit.
Am meisten schätzen die Franzosen an ihrem bodenständigen Jean jedoch, dass ihm der Erfolg nicht zu Kopf steigt. Mit Dujardin verhält es sich wie mit einem runden Bordeaux, der nach jahrelanger Reife im Eichenfass unaufdringlich, aber kraftvoll sein Aroma entfaltet.
Im Stummfilm-Melodram zieht Dujardin als George Valentin alle Register: Anstelle des Mundes lässt er seinen ganzen Körper sprechen — mal mit hochgezogener Augenbraue, mal mit verfinstertem Gesicht, mal als Stepptänzer wie einst Gene Kelly. Er habe für die Rolle alle Filme mit Douglas Fairbanks angeschaut, sagt Dujardin — es ist auch nicht zu übersehen.
Als der in Rueil-Malmaison bei Paris Aufgewachsene die Schule beendet, deutet nichts auf eine glanzvolle Filmkarriere hin. Denn der junge Jean Edmond beginnt eine Schlosserlehre.
Erst beim Militär entwickelt sich sein komödiantisches Naturell, wenig später stürzt er sich in die Pariser Bohème. Tingelt durch Bars und Bistros, singt und tanzt, parodiert und begeistert auf Kleinkunstbühnen. Schnell stellt sich heraus, dass er nicht nur Komiker und Schauspieler kann, sondern auch Regisseur und Produzent.
Das Sprungbrett zum Kino ist die Sieben-Minuten-Sitcom „Un gars, une fille“ („Ein Junge, ein Mädchen“), die der Sender „France 2“ zwischen 1999 und 2003 in fast 500 Folgen ausstrahlt.
Zwischen „Loulou“ (Jean Dujardin) und „Chouchou“, seiner Comedy-Partnerin Alexandra Lamy, funkt es auch privat. Dujardin verlässt für sie 2003 seine Ehefrau Gaëlle, mit der er die beiden Söhne Simon und Jules hat.
Neues Glück, neue Rollen: Dujardin katapultiert sich hoch zum bestbezahlten Schauspieler. 2009 schiebt sich der Top-Verdiener an Dany Boon („Willkommen bei den Sch’tis“) und Sophie Marceau vorbei. Der Film „Brice de Nice“ (2005) lockt bereits 4,5 Millionen Franzosen in die Kinos. Aber es sind vor allem die beiden James-Bond-Parodien „OSS 117“, die seinen Kino-Ruhm begründen.
Wo führt sein Aufstieg nun hin? Ist nach Tingeltangel und Kleinkunst, Fernsehen und Kino jetzt Hollywood an der Reihe? Jean Dujardin hält in Interviews den Ball betont flach. „Ich fantasiere nicht darüber, den amerikanischen Markt zu erobern“, vertraute er jüngst dem US-Magazin „Time“ an. „Ich bin glücklich mit der Arbeit und dem Leben, das ich in Frankreich habe.“
Die Lorbeeren für Jean Dujardin und „The Artist“ zieren nicht nur die Schauspieler und Filmemacher. Nach dem Verlust der Top-Bonität wirken sie wie Balsam für die verwundete Seele der „Grande Nation“. „Was heißt schon der Verlust des Triple A! Dieser Erfolg beweist, wie gesund das französische Kino ist“, jauchzt „francesoir.fr“.