Joel und Ethan Coen: „Handlung ist nicht alles“

Schon vor seinem Erscheinen ist „Inside Llewyn Davis“, der neue Film von Joel und Ethan Coen, mit Lob der Kritiker überschüttet worden.

London. Llewyn Davis schlägt sich so durch. Als Folkmusiker im New York der 1960er Jahre bleibt der große Erfolg aus, und auch mit den zwischenmenschlichen Beziehungen will es nicht so recht klappen. „Inside Llewyn Davis“ erzählt die Geschichte eines Außenseiters mit viel Leidenschaft für die Musik und wenig Interesse am spießbürgerlichen Leben. Warum der Film auch mit wenig Handlung auskommt, erklären die Brüder Ethan und Joel Coen.

Joel und Ethan Coen, in „Inside Llewyn Davis“ geht es um die Folkmusik-Szene im New Yorker Stadtteil Greenwich Village Anfang der 60er Jahre. Was hat Sie an dem Thema interessiert?

Ethan Coen: Wir haben uns schon immer für diese Art der Musik begeistert. Als Kinder waren wir Fans von Bob Dylan, durch ihn sind wir auf das Folkgenre aufmerksam geworden und so eben auch auf die New Yorker Greenwich Village Szene. Wir wollten herausfinden, was dort los war, bevor Dylan berühmt wurde und sie veränderte.

Wie kam es zur Besetzung von Musiker und Schauspieler Oscar Isaac als Llewyn Davis?

Joel Coen: Wir haben anfänglich ausschließlich Musiker gecastet. Es gibt so viel Live-Musik im Film, und wir fanden es wichtig, dass unser Hauptdarsteller als Musiker glaubhaft rüberkommt. So was können einfach nur echte Musiker. Das Problem war aber, dass wir keinen finden konnten, der auch als Schauspieler überzeugend genug war. Der Hauptdarsteller muss den Film tragen können, er kommt schließlich in jeder einzelnen Szene vor. Erst als wir Oscar trafen, waren wir überzeugt, dass wir einen Schauspieler gefunden hatten, der nicht nur hervorragend zur Rolle passt, sondern auch ein sehr fähiger und talentierter Musiker ist. Das gibt es selten. Ethan Coen: Wir wollten auch keinen Schauspieler, den wir mit einer fremden Singstimme synchronisieren. Dafür ist der Gesang zu wichtig im Film. Wir haben das mal mit George Clooney in „O Brother, Where Are Thou?“ gemacht, aber da war es eine andere Situation.

Neben Oscar Isaac spielt auch Justin Timberlake einen Folkmusiker — wie war diese Zusammenarbeit?

Ethan Coen: Er ist nun mal Musiker, ihm hat das großen Spaß gemacht. Er hat sich sehr eingebracht. Alle Lieder wurden während der Produktion live in die Kamera gesungen. Zusammen mit Sänger Marcus Mumford und Produzent T-Bone Burnett hat Justin die Lieder produziert und war an den Proben beteiligt.

Joel Coen: Davon abgesehen ist Justin ein sehr guter Schauspieler. Wir haben uns angeguckt, was er bisher gemacht hat, und das hat uns gefallen. Er hat einfach in die Rolle gepasst.

Ihr voriger Film „True Grit“ um die Rache eines Mädchens für den Mord an seinem Vater war ein Kassenschlager, der neue Film ist weniger Blockbuster. Hatten Sie jetzt genug davon?

Joel Coen: Wir lieben Blockbuster. „True Grit“ war viel kommerzieller. Aber unsere Filme müssen nicht ihre Vorgänger übertrumpfen. Der Film jetzt ist weniger Mainstream.

Weniger Mainstream und auch weniger Handlung?

Ethan Coen: Der Film handelt von einem Musiker, dem nichts Bedeutsames passiert und der auch nichts Bedeutsames tut — in der Tat ist das gewissermaßen die Geschichte. Die Aufgabe war für uns, den Film so abzustimmen, dass die Story trotzdem interessant bleibt und den Zuschauer bindet. Handlung ist dafür nicht das einzige Mittel, das kann auch eine Figur alleine.

War mehr Handlung jemals eine Option für den Film?

Joel Coen: Uns ging es immer um die Figur — einen schwierigen Charakter, der mit seiner Musik einfach nicht berühmt wird. Wir fanden interessant zu fragen, warum das so ist. Das ist die Geschichte. Der Film beantwortet die Frage nicht selbst, sondern lässt den Zuschauer mutmaßen. Ethan Coen: Wir wollten, dass der Zuschauer in der gleichen Haut steckt wie Llewyn Davis.

Joel Coen: Jeder kennt doch Menschen, die extrem gut sind mit dem was sie tun — und trotzdem werden sie nie erfolgreich. Wir wollten schließlich keinen „Rocky“-Film machen.