Klitschko - der Film: „Man darf nie liegen bleiben“
Die Boxerbrüder Vitali und Wladimir Klitschko über ihre Filmbiografie: „Ein Actionfilm aus dem echten Leben.“
Vitali Klitschko, was hat Sie dazu bewogen, Ihr eigenes Leben auf die Leinwand zu bringen?
Vitali Klitschko: Ich gehe gern ins Kino und schaue mir Thriller, Dramen oder Actionfilme an. All das haben wir auch in unserem Film, aber nicht als fiktive Geschichte, sondern aus dem echten Leben. Wir kommen aus einfachen Verhältnissen und haben unsere Träume verfolgt. Man darf niemals am Boden bleiben, muss an sich selbst glauben, auch wenn andere das nicht mehr tun. Das sind Regeln, die ganz allgemein für das Leben gelten.
Lernt man beim Boxen mehr fürs Leben oder im Leben mehr fürs Boxen?
Wladimir Klitschko: Das ist ein beidseitiger Prozess. Natürlich lernt man durch den Sport auch, sich im echten Leben durchzuboxen. Aber dank dieses Sports haben wir auch eine unglaubliche Ausbildung genossen, die wir an keiner Universität der Welt bekämen. Wir haben in verschiedenen Ländern gelebt, sprechen mehrere Sprachen, haben unterschiedliche Gesellschaften kennengelernt und uns Mathematikern, Philosophen, Künstlern, Schauspielern ausgetauscht.
Sie gehören zu den wenigen Boxern, die sich selbst vermarkten. Warum haben Sie Ihre eigene Promotionfirma gegründet?
Vitali Klitschko: Es gibt viele Beispiele, wo Sportler nach ihrer Karriere — egal wie viel sie verdient haben — am Ende bankrott waren, während der Promoter schön seine Geschäfte machte. Wir haben das Boxgeschäft beobachtet, um nicht die Fehler von Anderen zu wiederholen.
Bei Ihren Kämpfen hat Wut auf den Gegner keinen Platz, vielmehr müssen Sie diszipliniert vorgehen. Was bringt Sie richtig in Rage?
Vitali Klitschko: Wenn mir Leute direkt in die Augen lügen. Wenn Menschen zynisch sind. Es gibt viele Beispiele, besonders in der Politik — da kann ich nicht ruhig bleiben.
Sie haben in der Ukraine als Politiker aktiv an der Demokratiebewegung mitgewirkt und auch bei der Bürgermeisterwahl in Kiew kandidiert. Was ist härter: ein Boxkampf oder ein Wahlkampf?
Vitali Klitschko: Meine ersten Box-Lehrstunden waren sehr hart. Danach hatte ich überall blaue Flecken, eine blutige Nase, aufgesprungene Lippen. Das Wichtigste im Leben, egal in welcher Branche, ist Erfahrung. Ich bin seit 25 Jahren Boxer. Heute kann ich mir erlauben, im Kampf die Hände runter zu nehmen, weil ich voraussehen kann, was mein Gegner macht. In der ukrainischen Politik gibt es viele Tiefschläge — im Vergleich zum Boxen ist das ein Kampf ohne Regeln.
Was wollen Sie mit Ihrem politischen Engagement erreichen?
Vitali Klitschko: Unsere Partei will die Ukraine in Europa einbinden. Wir gehören zu Europa nicht nur geografisch, sondern auch mental und historisch.
Wladimir Klitschko, Ihr Bruder geht möglicherweise in die Politik — und Sie zum Film? Sie hatten in „Ocean’s Eleven“ und „Keinohrhasen“ ja schon kurze Auftritte.
Wladimir Klitschko: Bei den Filmen von Til Schweiger habe ich gern mitgemacht, aber ich habe keine Ambitionen im Filmgeschäft. Natürlich kann man so einen Sport nicht ewig betreiben, aber aktuell spiele ich die Rolle des Weltmeisters, und die nimmt meine ganze Zeit in Anspruch.
In diesem Dokumentarfilm treten Ihre Eltern zum ersten Mal vor die Kamera. Wie haben Sie sie für den Film gewonnen?
Vitali Klitschko: Mein kleiner Bruder hat seine ganz eigenen Geheimmethoden. Meine Eltern wollten nie ins Rampenlicht, abe³r ich bin froh, dass sie bei diesem Film mitgemacht haben. Denn sie haben den Grundstein für unsere Haltung zum Leben und zum Sport gelegt.
Ihr Vater wurde als Armee-Offizier nach dem Atomreaktor-Unfall 1986 nach Tschernobyl beordert. Wie haben Sie das erlebt?
Wladimir Klitschko: Wir waren in Kiew 100 Kilometer entfernt von Tschernobyl. Mein Vater war im Einsatz, aber zur Geheimhaltung verpflichtet. Er hat uns nur gesagt, dass ein großes Unglück passiert ist und wir nicht nach draußen gehen dürfen.
Vitali Klitschko: Es gab monatelang so gut wie keine Informationen über die Gefährlichkeit der radioaktiven Strahlung. Wirklich verstanden hat man das erst viele Jahre später, als man sah, wie die Betroffenen — auch in unserer Familie — an den Folgen litten
Wie geht es Ihrem Vater heute?
Wladimir Klitschko: Dank der deutschen Ärzte geht es ihm gut.