"Madame empfiehlt sich": Die Witwe will's wissen
Catherine Deneuve zeigt sich ganz uneitel.
Düsseldorf. Catherine Deneuve, im Dezember mit dem Europäischen Filmpreis für ihr Lebenswerk geehrt, überrascht immer noch: In dem sehenswerten Road-Movie „Madame empfiehlt sich“ überzeugt sie als frustrierte Provinz-Pomeranze aus der Bretagne, die ihr stillgelegtes Leben umkrempelt.
Die französische Regisseurin Emmanuelle Bercot hat ihren Film ganz auf den Star zugeschnitten und schafft es trotzdem, dass auch die anderen Figuren lebendig bleiben.
Catherine Deneuve spielt Bettie, eine 60-jährige verwitwete Restaurantbesitzerin, die von ihrer Mutter tyrannisiert wird und von ihren Freund gerade wegen einer Jüngeren verlassen wurde. Eines Mittags setzt sich Bettie in ihren alten Mercedes und fährt aus ihrem alten Leben hinaus. Sie erlebt einen One-Night-Stand mit einem jungen Kerl, feiert in Dorf-Discos, lässt sich einfach treiben.
Aber die Familie lässt sie nicht los: Auf Bitten ihrer chaotischen Tochter Muriel (Camille Dalmais) begleitet Bettie ihren Enkel Charly (Nemo Schiffman) zu dessen Großvater — eine Odyssee durch das ländliche Frankreich beginnt.
Die Hauptdarstellerin zeigt diese Häutungen einer Frau auf wohltuend uneitle Weise: Fast den gesamten Film über trägt sie eine ausgebeulte Bluse, nach der Nacht im Motel mit dem jungen Lover ist die Frisur zerstört und der Teint ganz bleich.
Das Beste an „Madame empfiehlt sich“ sind die kleinen Geschichten am Straßenrand. Ein alter Bauer dreht minutenlang hingebungsvoll eine krumme Zigarette für Bettie. In einem menschenleeren Dorf plaudert sie mit gelangweilten Jugendlichen. An der Raststätte gerät sie in Panik, als Charly verschwunden ist. Als die abenteuerlustige Oma und der renitente Enkel schließlich bei Alain (Gérard Garouste) ankommen, eröffnen sich für Bettie neue Perspektiven.
Wertung: Vier von fünf Punkten