"Schmetterling und Taucherglocke": Nur die Gedanken sind frei

Meisterwerk: Der Film „Schmetterling und Taucherglocke“ von Julian Schnabel wird aus der Perspektive eines Gelähmten erzählt.

Düsseldorf. Natürlich ist es noch zu früh, vom besten Film des Jahres zu sprechen. Doch bei "Schmetterling und Taucherglocke" verfällt man leicht in Superlative. Der betörend schöne und anrührende Film über einen Mann, der nach einem Schlaganfall außer seinem linken Auge nichts mehr bewegen kann und trotzdem seine Memoiren schreibt, strahlt weit über dieses Jahr hinaus.

Das ungewöhnliche Meisterwerk des New Yorker Malers Julian Schnabel wurde bereits mit Preisen überhäuft: Beste Regie bei den Filmfestspielen in Cannes, beste Regie und bester ausländischer Film bei den Golden Globes. Nur bei den Oscars wollte es trotz vier Nominierungen nicht so recht klappen. Schade. Selten hat es jemand geschafft, Gedanken und Erinnerungen in so poetischen und außergewöhnlichen Bildern zu vermitteln. Denn äußere Handlung spielt in diesem Film nach einem wahren Fall nur eine kleine Rolle.

"Was für ein Gemüse bin ich jetzt? Eine Gurke? Eine Karotte?" Jean-Dominique Bauby, ehemaliger Chef der Zeitschrift "Elle", ist an Bett und Rollstuhl gefesselt. Er leidet am "Locked-in-Syndrom", ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Gefangener in seinem eigenen Körper. Der brillante Geist des 43-Jährigen funktioniert tadellos.

Mit Witz und Ironie kommentiert er seine aussichtslose Lage in inneren Monologen. Dazu passend wählt Regisseur Schnabel in der ersten Hälfte des Films ausschließlich die Perspektive von Bauby. Aus dem Bett heraus mit etwas schlierigem Blick erfährt man seine neue Situation hautnah und beklemmend. Man sieht die Hauptfigur nur im Spiegel der anderen Personen, die ihm und seiner Wortlosigkeit zumeist hilflos gegenüber stehen. Selbst ein Auge näht man ihm zu, was man als Zuschauer schmerzhaft miterlebt.

Nur mit dem Blinzeln seines Auges diktiert Bauby seine Erinnerungen, Buchstabe für Buchstabe, Wort für Wort. Kurz nach Erscheinen des Buches stirbt er 1997. Er hat sein Werk vollendet und Frieden mit sich geschlossen. Erst durch die Konfrontation mit dem Tod erkennt er, was und wer wichtig ist im Leben. Schnabel gelingt es, diese Botschaft ganz unsentimental und trotzdem bewegend zu vermitteln.

Im Film verkörpert Mathieu Amalric den kranken Mann, und man kann sich keine bessere Besetzung vorstellen. Eigentlich sollte Johnny Depp den kranken Bauby spielen, doch im Nachhinein ist es ein Glück, dass die Rolle nicht mit einem internationalen Star besetzt wurde. Den braucht dieser ungewöhnliche Film gar nicht.