Theodoros Angelopoulos gestorben
Athen (dpa) - Der griechische Meisterregisseur Theodoros (Theo) Angelopoulos galt vielen Griechen als der „Blick Griechenlands“. Er konnte in seinen Filmen die jüngste Geschichte des Landes in eigenartiger Atmosphäre und von seinem unverkennbaren Blickwinkel aus wiedergeben.
Angelopoulos starb am Dienstag im Alter von 76 Jahren mitten während der Arbeit für seinen neuen Film „Das Andere Meer“, in dem er die dramatische Finanzkrise in seinem Land kommentieren wollte. Er wurde von einem Motorrad erfasst, als er nahe der Hafenstadt Piräus eine Straße überquerte.
Nach Angaben eines Krankenhaussprechers erlitt er schwere Kopfverletzungen und innere Blutungen. „Tragisches Ende des Dichters des Weltkinos“, titelte am Mittwoch die Athener Zeitung „Ethnos“. Wie ein Arzt des Krankenhauses „Metropolitan“ der Nachrichtenagentur dpa sagte, sei Angelopoulos so schwer verletzt worden, dass die Ärzte ihn trotz dreistündiger intensiver Bemühungen nicht retten konnten.
Im Krankenhaus sah man in der Nacht zum Mittwoch bestürzte Schauspieler, Techniker, Familienmitglieder und Freunde. „Er war ein Perfektionist. Wenn er drehte, gab es nur das auf der Welt“, sagte ein Mitarbeiter. „Bestürzung über den Verlust des griechischen Kino-Magiers“, titelte das Boulevardblatt „Espresso“.
Theo, wie viele seiner Freunde ihn nannten, bezeichnete seine Filme selbst als eine Art Dichtung: „Ich erwarte nicht von Dir, dass Du das verstehst, was ich mit meinen Filmen meine. Ich erwarte von Dir, dass Du das verstehst, was Deine Seele aus diesen Filmen versteht. Es ist eben wie Dichtung“, sagte er. Viele Griechen waren am Mittwoch schockiert. „Er hat das, was wir fühlten und nicht ausdrücken konnten, auf die Leinwand gebracht“, sagte Tolis Nikolaou, ein 58-jähriger Unternehmer.
Angelopoulos wurde am 27. April 1935 in Athen im Stadtteil Attiki- Agios Panteleimon geboren. 1941 wurde Griechenland von den Achsen-Mächten besetzt. Es folgte ein fürchterlicher Bürgerkrieg, dessen politisch-gesellschaftliche Folgen sein Leben und das Leben von Millionen Griechen verändern sollte. Angelopoulos war fasziniert vom Kino, dem Medium, das damals einen Ausweg aus der Misere zeigte, wie er sagte.
Nach einem nicht abgeschlossenen Jurastudium wanderte er nach Frankreich aus. 1964 kehrte er nach Griechenland zurück. Die Anerkennung kam erst in den 70er Jahren, als er sich in drei Filmen mit der jüngsten und schmerzhaften Geschichte seines Landes auseinandersetzte.
Sein mehrfach ausgezeichneter Film „Die Wanderschauspieler“ (1975) verschaffte Angelopoulos auf internationalem Parkett den Durchbruch. Der Film erzählt in poetischen Bildern die Geschichte einer Truppe von Wanderschauspielern, die jüngere griechische Geschichte reflektieren. Für „Alexander der Große“ bekam er 1980 bei den Filmfestspielen in Venedig den Goldenen Löwen. Für „Landschaft im Nebel“ erhielt er 1988 den Silbernen Löwen. Bekannt sind auch seine Streifen „Der Bienenzüchter“ und „Reise nach Kythera“.
In den 90-er Jahren ging es auch um Themen wie Migration. Dabei kamen Filme wie „Der schwebende Schritt des Storches“ oder „Blick des Odysseus“ heraus, in denen er sich mit dem Zerfall des Sozialismus auseinandersetzte. Für diesen „Blick“-Film, der vielen Griechen und Angelopoulos selbst wohl als sein bestes Werk gilt, bekam er 1995 in Cannes den Großen Preis der Jury - nicht aber die Goldene Palme. Er verkündete beleidigt: „Wenn das alles ist, was Sie für mich haben, habe ich nichts zu sagen.“ Er nahm aber einen neuen Anlauf und erhielt 1998 endlich die Goldene Palme in Cannes für den Film „Ewigkeit und ein Tag“ mit Bruno Ganz und Isabelle Renauld.
Angelopoulos war kein einfacher Mensch. Seine Charaktere waren schwierig und undurchsichtig. In der Regel waren es tragische Figuren - Rückkehrer aus dem Exil, Regisseure ohne Inspiration, sterbende Schriftsteller. Angelopoulos machte es dem Zuschauer nicht leicht: „Ich mache Filme für mich - nicht für die anderen“, sagte er. Der japanische Regisseur Akira Kurosawa sagte über Angelopoulos' Stil: „Durch eine Linse schaut sich Angelopoulos im Stillschweigen die Welt an“.