Wim Wenders: „Pina würde sich riesig freuen“
Hollywood (dpa) - Den Smoking ließ Wim Wenders (66) in der Nacht zum Donnerstag noch im Schrank hängen. Der deutsche Regisseur kam im leuchtendblauen Rolli und in Turnschuhen mit neongrünen Schürsenkeln zum Empfang der nominierten Dokumentarfilmer.
Oscar-Preisträger Michael Moore („Bowling for Columbine“), Gastgeber bei der Vorstellung der Filme im Hauptquartier der Academy, räumte grinsend ein: „Seine Schnürsenkel sind besser als meine.“ „Was zum Teufel hat Wim Wenders hier zu suchen“, frotzelte Moore auf der Bühne. Dabei spielte er auf den 3D-Tanzfilm „Pina“ an, der aus der Gruppe der fünf nominierten Filme als Außenseiter hervorsticht. Die Hommage an die 2009 gestorbene Wuppertaler Tänzerin und Choreographin Pina Bausch konkurriert mit sozialkritischen Filmen über Soldaten in Afghanistan, radikale Umweltschützer und unschuldig Verurteilte hinter Gittern um den Oscar. Wenders sei einer der „großartigen Filmemacher“, der „neue Dinge probiert und keine Angst davor hat, ein Risiko einzugehen“, sagte Moore der Nachrichtenagentur dpa.
Mit „Pina“ hat die Filmakademie erstmals eine in 3D gefilmte Doku für einen Oscar nominiert. Als „bunten Vogel in dem Feld“ sieht Wenders selbst seine Tanz-Hommage im Reigen der sozialkritischen Filme seiner Mitstreiter. „Ich hoffe sehr, dass die Oscar-Nominierung nicht nur dem deutschen Dokumentarfilm, sondern auch etwas abenteuerlichen und unkonventionellen Filmen Aufwind gibt, sagte Wenders der dpa. In den USA sei „Pina“ in 80 Städten „wahnsinnig gut“ angelaufen.
Anfang 2009 hatte Wenders mit der Choreographin und dem Ensemble des Tanztheaters Wuppertal die Produktion vorbereitet. Zwei Tage vor einem geplanten Probedreh starb Bausch Ende Juni völlig unerwartet. Dem Radiosender „Bayern 1“ sagte Wenders: „Ich hab sofort den Film aufgegeben, den Stecker gezogen, auch alle angerufen.“ Jahrelang habe er mit Bausch zusammen gearbeitet - „bis sie dann eines Tages, Knall auf Fall, abgetreten ist“. Danach habe er dann gesagt: „Ich mach's nicht.“ Er hatte die Rechnung aber ohne ihre Tänzer gemacht. „Die haben weitergemacht.“ Und damit hätten sie ihn schließlich überzeugt.
„Pina würde sich jetzt riesig freuen“, meint Wenders. „Sie wäre bestimmt zu den Oscars hergekommen, obwohl sie natürlich sehr scheu war und bestimmt nicht gerne Interviews gegeben hätte, nur leider ist es so nicht gekommen:“ Auf der Bühne erklärte Wenders den Oscar- Juroren. „Pina hat mir etwas gezeigt, das mein Leben verändert hat. Es ist eine sehr friedliche und elementare Sprache, die ich zuvor nicht kannte. Vielleicht ist es die einzige Sprache in der Welt, die wir alle gemeinsam haben“.
Schon im Jahr 2000 war Wenders für die Musik-Doku „Buena Vista Social Club“ nominiert, bei der Preisvergabe ging er dann aber leer aus. Der Filmregisseur träumt auch immer noch vom Grünen Hügel in Bayreuth. Er bedauere, dass er den „Ring des Nibelungen“ im großen Wagner-Jahr 2013 nicht in Bayreuth inszenieren werde, sagte er dem Radiosender „Bayern 1“. „Es ist schade. Ich habe auch manchmal noch Träume davon und denke doch noch drüber nach. Ich hätte es aus vielen Gründen doch wirklich gerne gemacht.“ Im Frühjahr hatte Wenders sich aus dem Projekt zurückgezogen. Der Intendant der Berliner Volksbühne, Frank Castorf, wird den neuen „Ring“ nun für die Wagner-Festspiele inszenieren.