„Zwei an einem Tag“: Zu schön, um Paar zu sein

„Zwei an einem Tag“ fängt die bittersüße Stimmung von David Nicholls gleichnamigem Bestseller gekonnt ein.

Der Tag dämmert bereits, als Dexter (Jim Sturgess) und Emma (Anne Hathaway) nach ihrer gemeinsamen Examensfeier den Entschluss fassen, noch nicht ins Bett zu wollen. Zumindest nicht alleine.

Eigentlich ist Dex für Emma ein oberflächlicher Aufreißer, Dex wiederum sieht in Emma nur ein altkluges Mauerblümchen. Für einen One-Night-Stand reicht die Sympathie nach der durchzechten Nacht aber aus.

Was dann in den Morgenstunden des 15. Juli 1988 passiert, nennt der Volksmund Schicksal. Emma verliebt sich in den eitlen Pfau, Dex in die ungelenke Brillenschlange. Rauch und Unbeholfenheit verhindern den Sex, das gemeinsame Gelächter darüber ist der berühmte Funken, der überspringt. Ein Paar werden sie jedoch nicht. Er findet sich dazu zu cool, sie ist zu stolz.

20 Jahre lang begleitet „Zwei an einem Tag“ diese beiden Menschen, die nicht wahrhaben wollen, dass sie ihr großes Glück bereits gefunden haben. Geschildert wird immer nur der 15. Juli eines jeden Jahres, mal verbringen Dexter und Emma ihn zusammen, meist aber ohne einander, da ihre Leben in völlig unterschiedlichen Bahnen verlaufen.

Dexter, Kind aus privilegiertem Hause, wird nach Weltreise und mehrjähriger Selbstfindungsphase Moderator einer Show bei einem Musiksender, Emma scheitert als Schriftstellerin und versauert als Servicekraft in einem asiatischen Imbiss, bis sie sich durchringt, Lehrerin zu werden.

Obwohl sie sich selten sehen, bleiben sie sich eng verbunden, pflegen ihre Seelenverwandtschaft als etwas Besonderes, was vor allem Emmas Beziehung zum verhinderten Comedian Ian (Rafe Spall) belastet. Irgendwann ringt sich Emma dazu durch, den Kontakt zu Dexter abzubrechen — aber vergessen können sie sich nicht.

Lone Scherfig, die mit „Italienisch für Anfänger“ (2000) und dem fantastischen Selbstfindungsdrama „An Education“ (2009) ihr Gespür für bittersüße Stoffe unter Beweis stellte, fängt die Stimmung von David Nicholls’ Weltbestseller gekonnt ein. Schon die Vorlage ist ein Musterbeispiel für gehobene Unterhaltung: intelligent, aber nie verkopft; amüsant, aber nie oberflächlich; tragisch, aber nie bedeutungsschwanger; romantisch, aber nie kitschig.

Auch der Film hält dieses Gleichgewicht, weil Scherfig die großen Gefühle, die die Geschichte vorantreiben, nicht ausschlachtet. Beiläufig führt sie die beiden Charaktere durch ihre Höhen und Tiefen und fängt dabei vor allem das Lebensgefühl der 1990er Jahre kongenial ein, in denen Statussymbole als Lebensinhalt ausgedient hatten und junge Leute lieber an ihren hohen Ansprüchen scheiterten, als ihr Glück im Kleinen zu finden.

Dass Nicholls, der das Drehbuch selbst verfasste, bei seiner Adaption ausgerechnet Emmas Charakter vernachlässigt, bleibt der einzige Schwachpunkt in einem stimmigen Paarporträt. Emmas Abgründe werden nur angedeutet. Anders als im Buch erscheint sie dadurch als Heilige, die den gefallenen B-Promi Dexter retten muss.

Hathaway meistert ihre Rolle trotz dieser Beschneidung bezaubernd. Das große Drama allerdings bleibt Sturgess vorbehalten, dessen Dexter sich vom hohlen Partylöwen zum gebrochenen Überlebenskünstler läutert. In seinem verlorenen Blick spiegelt sich wider, wie unmöglich es ist, ein Leben lang zufrieden zu sein. Dass man die Momente, in denen man es ist, schätzen sollte, ist die schönste Botschaft des Films.