Kölner Tatort: Viele Verdächtige, keine Würstchenbude
Die Kölner Variante ist solide, ohne ein großer Wurf zu sein. Aber das war er ja ohnehin selten.
Düsseldorf. Nein, die Würstchenbude auf der Deutzer Rheinseite spielt diesmal keine Rolle. Nicht mal die angestammte Nebenrolle. Sie kommt schlicht nicht vor. Vielleicht auch, weil die Dinge sich verändert haben im Leben der Dauer-WDR-Kommissare Max Ballauf (Klaus-J. Behrendt) und Freddy Schenk (Dietmar Bär) aus Köln. „Freddy tanzt" ist der vierte Köln-Tatort nach dem "Ich bin dann mal ermordet"-Abschied von Dauer-Assistentin Franziska. Aber getrauert wird immer noch. Kein Kaffee da, ein einziges Chaos im Büro. Und dann noch ein Schenk, der sich mindestens verguckt, wenn nicht verliebt - und damit seiner Daheimgebliebenen auf eine leicht unpassende, aber rührige Art untreu wird. Zitat von Auge zu Auge: „Mich bringt so schnell nichts aus der Ruhe. Fast nichts...“
„Freddy tanzt" - das ist nur ein Aspekt der Geschichte. Die ein Tatort ist, der weniger künstlerisch-real als jene zuletzt aus Dortmund oder Kiel daher kommt. Die gefeiert und zerrissen wurden - also polarisiert haben. Bär und Behrendt bieten im weit weniger streitbaren Basis-Krimifach ungefähr das, was man aus "Derrick" gekannt hat. Oder von dessen Nachfolger, die man weniger kennt, aber die wohl vergleichbar funktionieren: Ein Toter, ganz viele Verdächtige. Und dann: rätseln. Wer war es? Heißer Tipp: Ein Gärtner fehlt.
Dafür aber gibt es ziemlich viele Protagonisten mit eigener Geschichte. Das Esoterik-Paar, ein Eishockey-Trainer, der in Leverkusen (!) ein neues Team aufbaut, die verschüchterte Autorin und jene alleinerziehende Mutter, die Schenks Sympathie gewinnt. Alle spielen sie eine Rolle, weil der tote Pianist von der Straße zuerst Streit mit drei heillos überzeichneten Hardcore-Börsianern (Motto: Live fast, love hard, die young) hat und dann schwer blutend in dieser überteuerten Mietshaus-Kaserne mit eben diesen vier Parteien auftaucht. Danach ist er tot, liegt verlassen am Rhein. Da muss viel aufgearbeitet werden in einem seltsam verschwiegenen Haus, das Ballauf in Reminiszenz an Udo Jürgens "das ehrenwerte Haus" tauft. Und das ist durchaus unterhaltsam, weil lange offen. Was wiederum auch ärgerlich ist, weil entscheidende Hinweise wie so oft in Köln am Ende der Geschichte wie aus dem Nichts auftauchen. Soll bloß keiner sagen: ich hab´s schon nach zehn Minuten gewusst!
Zu vergessen sind manch hölzerner Dialog, die Drehbuchautor Jürgen Werner Regisseur Andreas Kleinert (zuletzt zeichnete er für den Kölner Tatort "Fette Hunde" 2011 verantwortlich) serviert hat. Höhepunkte: Das stakselige von Schenk und ein Dialog zwischen Dauer-Einzelkämpfer Ballauf und der Mutter des Toten, die Ballaufs über 17 Jahre unbemerkt gebliebene Nachbarin ist. Sie sagt: "Toleranz fällt leicht, wenn einem alles egal ist." Ein weiser Satz, der über manches hinwegsehen lässt.