Problematische Kunstaktion Kritik an Onlinepranger von Politaktivisten nach Chemnitz

Chemnitz · Rund drei Monate nach den rechten Demonstrationen in Chemnitz hatten die Politaktivisten am Montag eine neue Aktion unter dem Stichwort "Soko Chemnitz" gestartet. Der Onlinepranger will Teilnehmer rechter Aufmärsche bloßstellen und stieß dabei auf Kritk.

Die Aktivisten vom «Zentrum für Politische Schönheit», Cesy Leonard, Stefan Pelzer und Philipp Ruch, äußern sich bei einer Pressekonferenz zur Aktion «Wir haben etwas zur Aufklärung von Chemnitz beizutragen».

Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

Der Onlinepranger der Künstlergruppe Zentrum für politische Schönheit zur Identifizierung von Teilnehmern rechter Aufmärsche in Chemnitz ist auf Kritik gestoßen. Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats, Olaf Zimmermann, sprach am Dienstag von einer "problematischen Kunstaktion, die nicht zur Aufklärung beiträgt, sondern nur der Spaltung unserer Gesellschaft weiter Vorschub leistet".

"Es spielt keine Rolle, ob der Pranger real oder Fake ist, und schon gar nicht rechtfertigt das Ziel dieses Mittel", erklärte Zimmermann.

Rund drei Monate nach den rechten Demonstrationen in Chemnitz hatten die Politaktivisten am Montag eine neue Aktion unter dem Stichwort "Soko Chemnitz" gestartet. Das Zentrum für politische Schönheit ruft dazu auf, Teilnehmer der rechten Aufmärsche zu entlarven und vor ihren Arbeitgebern bloßzustellen. "Denunzieren Sie noch heute Ihren Arbeitskollegen, Nachbarn oder Bekannten und kassieren Sie Sofortbargeld", heißt es auf der Webseite.

In Chemnitz richteten die Politaktivisten dazu ein sogenanntes Recherchebüro Ost ein. Die Polizei prüft unterdessen eine mögliche strafrechtliche Relevanz der Inhalte und Abbildungen auf der Website sowie der in dem Büro aufgehängten Plakate. Die Plakate wurden von der Polizei noch am Montag entfernt. Begründet wurde dies unter anderem mit dem Anfangsverdacht eines Beleidigungsdelikts und einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Betroffenen.

Die Polizei verwies zudem darauf, dass in sozialen Netzwerken zu Sachbeschädigungen und sogar zu Brandstiftungen in den Büroräumen aufgerufen worden sei. Vor diesem Hintergrund sei das "gefahrenabwehrrechtliche Einschreiten auch zum Schutz der Büroräume und damit zum Schutz des Vermieters als Eigentümer sowie des Mieters als Besitzer der übrigen Gegenstände in den Büroräumen" erfolgt.

Das Jüdische Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus untersagte den Politaktivisten inzwischen die Nutzung seiner Fotos für die Aktion "Soko Chemnitz". Eine Kooperationsanfrage zu dieser Aktion habe das Forum im Vorfeld ausdrücklich abgelehnt. Es kündigte rechtliche Schritte wegen der Verwendung des Materials an.

Nach dem gewaltsamen Tod eines Manns Ende August in Chemnitz, der mutmaßlich von Flüchtlingen erstochen wurde, war es zu fremdenfeindlichen Übergriffen und Demonstrationen auch rechter Gruppen gekommen, die teils in Gewalttätigkeiten mündeten. Die Künstlergruppe Zentrum für politische Schönheit sorgte bereits in der Vergangenheit mit provokanten Aktionen für Aufmerksamkeit.

rh/bk

(AFP)