Alte Pinakothek in München wird 175
München (dpa) - „Werke ausgezeichneter Schönheit will ich erwerben“: Dass der zum Geiz neigende König Ludwig I. von Bayern (1786-1868) bei der Kunst eine Ausnahme machte, ist rückblickend betrachtet ein großes Glück.
Seine Kunstbegeisterung, die mit diesem Zitat in der Chronik vermerkt ist, hat München und der Kunstwelt so eines der bedeutendsten Museen der Welt beschert: die Alte Pinakothek. Auf seiner Idee beruhte der Bau, den Architekt Leo von Klenze schließlich in die Tat umsetzte. Am 7. April 1826 wurde der Grundstein für das Gebäude gelegt, die Bauarbeiten dauerten zehn Jahre. Jetzt feiert die Alte Pinakothek 175-jähriges Bestehen.
Die Sammlung in dem opulenten Bau in der Münchner Innenstadt gilt als eine der wichtigsten Kunstsammlungen der Welt. Ihre Schwerpunkte: altdeutsche Malerei und frühe italienische Malerei. Die Alte Pinakothek beherbergt Meisterwerke von Sandro Botticelli und Leonardo da Vinci über Albrecht Dürer und Peter Paul Rubens bis hin zu Rembrandt. Auch Werke von Raffael fanden in der Pinakothek (griechisch: Bildersammlung) ein Zuhause. „Man weiß gar nicht, wo man anfangen soll“, sagt der Direktor der Bayerischen Staatsgemäldesammlung, Klaus Schrenk.
Rund 220 000 Besucher hatte das Museum im vergangenen Jahr. Das sind zwar deutlich weniger als der Jahresschnitt Anfang der 90er, als die Zahlen laut Chronik noch bei rund 350 000 lagen. Doch Schrenk zeigt sich trotz allem zufrieden mit der Zahl derer, die sich mit ehrfürchtigem Schweigen und auf leisen Sohlen über das knarrende Parkett bewegen und fasziniert vor Rubens' monumentalem „Großen Jüngsten Gericht“ aus dem Jahr 1617 ausharren.
Für den Hochaltar der Jesuitenkirche im bayerischen Neuburg an der Donau geschaffen, erregte das Bild wegen der vielen nackten Menschen darauf die Gemüter und musste sogar teilweise verhängt werden. Die Rubens-Sammlung in München ist eine der bedeutendsten weltweit und das sechs Meter hohe und viereinhalb Meter breite Gemälde das Herzstück.
Die schwere Bombardierung Münchens im Zweiten Weltkrieg überstand die Kollektion, weil sie schon bei Kriegsausbruch 1939 in Sicherheit gebracht worden war - bei 12 000 Bildern eine Mammutaufgabe. 1943 trafen Bomben erstmals den großen Klenze-Bau, ein Jahr später wurde die Pinakothek dann fast komplett in Schutt und Asche gelegt. Es dauerte Jahre, bis die Kunstwerke wieder nach München zurückkehren konnten. Erst 1957 konnte die Pinakothek wiedereröffnet werden, 1963 war der Aufbau komplett abgeschlossen.
Ein Schock dann im Jahr 1988: Ein Besucher übergoss zahlreiche Werke Albrecht Dürers mit Säure. Von einer „Katastrophe menschlicher wie auch kulturhistorischer Dimension“ ist in der Pinakotheken-Chronik die Rede. Bei der Wiedereröffnung der Alten Pinakothek nach einer vierjährigen Generalsanierung im Jahr 1998 konnten die Werke mit einer Ausnahme wieder gezeigt werden: Dürers „Maria als Schmerzensmutter“ war zu schwer beschädigt.
Die Alte Pinakothek will ihr Ehrenjahr mit einer Vielzahl von Sonderausstellungen - eigentlich eine Seltenheit - feiern. Zuerst öffnet das Haus sein Depot, die Schau „Schätze aus dem Depot“ macht an diesem Mittwoch den Anfang. Dazu wird auch ein ganz besonderer Gast erwartet: Johannes Vermeers „Frau mit Waage“ aus der National Gallery of Art in Washington. Im April soll dann eine große Cranach-Ausstellung folgen.