Anselm Kiefer und die Hoffnung auf Religionsfrieden
Baden-Baden (dpa) - Der Turm zu Babel liegt in Trümmern, doch die Fundamente sind noch intakt. Mit seinem Monumentalbild „Der fruchtbare Halbmond“ will der Maler Anselm Kiefer Mut machen für den interreligiösen Dialog.
Das 4,6 auf 7,6 Meter große Gemälde ist ab 7. Oktober erstmals in Deutschland zu sehen - als Herzstück einer Kiefer-Einzelausstellung im Museum Frieder Burda in Baden-Baden. Bis zum 15. Januar werden dort 33 Werke des 1945 in Donaueschingen geborenen Künstlers gezeigt, die sich vor allem mit christlich-jüdischen Themen befassen. Sie stammen fast alle aus der Sammlung des Duisburger Bauunternehmers und Kunstmäzens Hans Grothe.
Mit dem Turmbaumotiv verweist der Künstler darauf, dass die Ursprünge der westlichen Kultur im arabischen Raum liegen. Die Ruine nutzt Kiefer immer wieder als Symbol für einen Neuanfang. „Die einstigen Kräfte des fruchtbaren Landes können belebt werden, der Zusammenhalt der unterschiedlichen Kulturen ist möglich“, sagte Kurator Walter Smerling am Donnerstag bei der Präsentation.
Mythologische Themen beschäftigen Kiefer von Beginn an. Immer wieder mahnt er, dass sich vor allem die Deutschen mit ihren Mythen beschäftigen müssen und sie nicht radikalen Strömungen überlassen dürfen. Seine in Erdtönen gehalten Bilder, in denen er Blei, Beton, getrocknete Pflanzen und auch schon mal Stacheldraht verwendet, wirken oft düster und tragen schwergewichtige Titel wie „Wege der Weltweisheit: Die Hermannsschlacht“ oder „Jakobs himmlisches Blut“.
Neben dem „fruchtbaren Halbmond“ beeindrucken vor allem die 14 Bleigemälde der 2001 und 2002 entstandenen Serie „The Secret of Plants for Robert Fludd“. Der Maler erinnert damit an den britischen Arzt und Alchemisten Fludd, der Ende des 16. Jahrhundert nach Ähnlichkeiten von Mikro- und Makrokosmos fahndete. Auf den Bildern kombinierte Kiefer Pflanzen- und Tierteile mit geheimnisvollen Nummern - die Bezeichnung von Sternen durch die amerikanische Weltraumagentur NASA.
Die meisten Werke waren bis vor wenigen Monaten in Antwerpen zu sehen. Für die Schau in Baden-Baden hat Smerling einige großformatige Werke ausgemustert und kleinere Gemälde dazugenommen. „Wir zeigen Prototypen aus den vergangenen 30 Jahren. Sie bieten einen Schlüssel zum Verständnis des Gesamtwerkes.“ Der Sammler Frieder Burda steuerte zur Ausstellung das 1995 entstandene Werk „Böhmen liegt am Meer“ bei.
Kiefer lebt in Paris und wurde vielfach ausgezeichnet, unter anderem erhielt er 2008 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels.