Ausstellung in der Bundeskunsthalle: Kleopatra, ein schöner Mythos
Die Bundeskunsthalle illustriert, wie sich jede Epoche ihr eigenes Bild von der letzten Herrscherin Ägyptens gemacht hat.
Bonn. Um es gleich vorweg zu sagen: Die ägyptische Herrscherin Kleopatra hat mit allergrößter Wahrscheinlichkeit nicht ausgesehen wie Elizabeth Taylor. Beide gelten aber über die Distanz von zwei Jahrtausenden hinweg als Schönheits-Ikonen und Inbegriff der männermordenden Divenhaftigkeit. Insofern ist es nur konsequent, wenn die Bundeskunsthalle in Bonn die Schauspielerin mit ihrer Filmfrisur im altägyptischen Stil — oder was Hollywood dafür hält — auf das Plakat ihrer Kleopatra-Ausstellung hebt.
Niemand weiß jedoch, wie die Frau aus dem Geschlecht der Ptolemäer tatsächlich ausgesehen hat, kein klar zugeschriebenes Bildnis ist von der letzten Herrscherin Ägyptens erhalten, schriftliche Original-Quellen liegen nur fragmentarisch vor.
Bis heute wird gerätselt, wie sie es geschafft hat, erst den römischen Staatslenker Caesar zu bezirzen und als Pharaonin mit dem verheirateten Mann jahrelang in Rom zu residieren (welch ein Affront für die römische Republik!) und später den mächtigen Feldherrn Marc Anton über zehn Jahre an sich zu binden und gleichzeitig ihre eigene Macht im Vorderen Orient stetig zu erweitern. Vier Kinder gingen aus den beiden Beziehungen hervor.
Das Nichtwissen schafft Platz für Projektionen — Kleopatra ist eine der am häufigsten gemalten Frauen der abendländischen Kunstgeschichte, jede Epoche hat sich ein eigenes Bild von ihr geschaffen. Auch die aktuelle Ausstellung beleuchtet nicht die historische Persönlichkeit Kleopatra VII. (69 — 30 v. Chr.), sondern verfolgt die Biografie eines Mythos von der Renaissance bis zur Popkultur anhand von rund 200 nicht immer ganz prägnanten Bildern, Skulpturen, Fotografien, Filmen und Objekten.
Die Renaissance entdeckte Kleopatra über die Beschäftigung mit der Antike und schwelgte auf Gemälden in üppiger Bein- und Brustfreiheit. Im feierfreudigen Barock wird sie zur Symbolfigur prachtvoll inszenierter Feste. Immer wieder gewähltes Motiv ist ihr legendäres Gastmahl mit Marc Anton, bei dem sie als Beweis ihres Reichtums — und des lässigen Umgangs damit — eine riesige Perle in einem Becher Essig aufgelöst und getrunken haben soll. Erst 2010 wurde in einem Experiment nachgewiesen, dass das tatsächlich möglich ist.
Zugleich galt sie als Inbegriff der starken Frau, die auch ihren Selbstmord mit 38 Jahren in vollem Königinnen-Ornat inszenierte. Historisch unklar ist, ob sie sich selbst Gift einflößte oder sich von einer Schlange beißen ließ — eine züngelndes Viperchen am entblößten Busen ist jedoch durch die Epochen allemal das beliebtere Bildmotiv gewesen.
Im 19. und 20. Jahrhundert wandelt sich ihr Image zu dem einer Femme fatale — von Plüsch-Chaiselongues aus zu entdecken in Filmen, auf der Bühne und in der Popmusik bis hin zur Kosmetik-Werbung für den „Cleo-Look“ mit den Sphinx-Augen.