„Die Power 100“ - Wer den Kunstbetrieb regiert

London (dpa) - Wer ist am mächtigsten in der Kunst? Wer erregt die meiste Aufmerksamkeit, wer macht das meiste Geld? Auf Platz eins des jährlichen Rankings „Power 100“ des britischen Fachmagazins „ArtReview“ stehen dieses Jahr die Schweizer Galeristen Iwan und Manuela Wirth.

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Sie sind in guter Gesellschaft anderer Mega-Galeristen wie David Zwirner (Platz 3) und Larry Gagosian (6). Jedes Jahr aufs Neue tauchen diese Galerien unter den ersten zehn des umstrittenen Rankings auf. Und immer weit oben auf der Liste der Wichtigsten in der Kunst sind auch die Chefs der wichtigsten Kunstmuseen - Moma New York und Tate Britain in London.

Immerhin schaffte es dieses Jahr mit Ai Weiwei ein Künstler auf Platz 2. Der chinesische Regimekritiker hatte auch schon mal auf Platz 1 gelegen und war zwischenzeitlich auf Rang 13 abgerutscht. Dass er nun wieder eine Spitzenposition einnimmt, dürfte vor allem daran liegen, dass man wieder viel über ihn redet. „Jetzt, wo er reist, ist die Wirkung seiner Ausstellungen eine andere“, sagt der „ArtReview“-Chefredakteur Mark Rapppolt der Deutschen Presse-Agentur.

Kunst, Reichtum und Macht sind nach Ansicht Rappolts nicht etwa gegensätzliche Pole, sondern sie gehören zusammen. So tauchen auf der Liste regelmäßig auch superreiche Sammler, Messedirektoren, Modeunternehmer - diesmal Miuccia Prada - oder Firmenchefs auf. Auch wenn man es gern anders hätte, so zeige diese Liste doch, „was wirklich in der Kunst passiert“, warum der eine Künstler eine Ausstellung bekomme, aber ein anderer nicht, warum die eine Kunst höher geschätzt werde als die andere, sagt Rappolt.

Denn die „Power 100“ seien weniger eine Rangliste als ein „Netzwerk“. Dies sei auch der Grund dafür, dass es an der Spitze wenig Bewegung gebe. Eine kleine Gruppe scheint den Kunstmarkt zu regieren. „Es ist nicht der beste Künstler, der die größte Ausstellung im besten Museum bekommt“, sagt Rappolt. „Es ist der Künstler, den die meisten Menschen sehen wollen.“ Und wen man sehen will, dafür sorgen einige wenige auf vielfältige Weise miteinander verbundene Galerien, Museen, Kuratoren und Sammler.

Für Markus Eisenbeis, Chef des Kölner Auktionshauses Van Ham, bildet die Liste mehr den Kunstmarkt als die Kunstwelt ab. „Wer das beste Netzwerk hat, versucht sich nach vorn zu bringen“, sagt er. „Es zeigt aber auch erschreckend, wie der Kunstmarkt am Ende von einigen wenigen Figuren bestimmt wird.“ Auf den deutschen Markt habe die Liste aber „so gut wie keinen Einfluss“.

Einige deutsche Künstler sind auch unter den „Power 100“: Der Fotograf Wolfgang Tillmans kommt auf Platz 11, Gerhard Richter, der teuerste lebende deutsche Künstler, steht nur noch auf Rang 27. Überhaupt muss man Künstler auf der Liste suchen - sie machen kaum ein Fünftel aus.

Aufhorchen lassen die deutschen Galerien in den „Power 100“, denen Auktionator Eisenbeis „solide Arbeit“ bescheinigt. So stehen Monika Sprüth und Philomene Magers, die Künstler wie Rosemarie Trockel und Andreas Gursky, aber auch die Elektroband Kraftwerk vertreten und international präsent sind, inzwischen auf Platz 13.

Zunächst erstaunlich wirkt die Platzierung der nur in Berlin vertretenen Galerie Esther Schipper auf Rang 79. „Das ist schon eine Ehre“, sagt Schipper. Sie sehe das auch als Anerkennung dafür, dass sie mit ihren Künstlern schon sehr lange arbeite und sie teilweise „vor über 15 bis 25 Jahren entdeckt“ habe. Schipper, die kürzlich mit einer anderen Galerie fusionierte und somit auf Expansionskurs ist, vertritt aber auch Künstler wie Liam Gillick und Pierre Huyghe. Diese sind ebenfalls Teil der „Power 100“ - das Netzwerk funktioniert.

Für den Direktor des auf zeitgenössische Kunst spezialisierten Museums Morsbroich in Leverkusen, Markus Heinzelmann, repräsentieren die „Power 100“ eher eine „Kraft des Geldes“ als der Kunst. „In wessen Umfeld und mit wessen Namen werden möglichst viele Dollars um den Erdball gerollt?“ Für ihn ist die Liste nicht mehr als eine „unterhaltsame Spekulation und der Versuch, mit einer Mischung aus Beobachtung und Erfindung zum Partygespräch zu werden“.