Ex-Puma-Chef gründet Mega-Museum in Kapstadt

Kapstadt (dpa) - Blaues Baumwollhemd, Jeans, weiße Tennisschuhe. Der Haarschnitt leicht ausgewachsen. Dreitagebart. Jochen Zeitz, früherer Chef des Sportartikelherstellers Puma, wirkt locker und leger.

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Doch wenn es um seine Arbeit geht, ist der 52-Jährige alles andere als lässig. Er hat Großes vor im südafrikanischen Kapstadt. Hier will er das erste Museum für zeitgenössische afrikanische Kunst des Kontinents bauen. Das Zeitz Museum for Contemporary Art Africa, kurz Zeitz MOCAA, soll Berühmtheit erlangen wie Londons Tate oder das Guggenheim Bilbao.

Fünf Jahre lang hat Zeitz quer durch Afrika nach dem idealen Standort für seine private Kollektion afrikanischer Kunst gesucht, sagt er — in Nairobi, Johannesburg und Dakar. Dann traf er auf den Geschäftsführer der berühmten Einkaufs- und Vergnügungsmeile V&A Waterfront in Kapstadt, David Green, der dort ein historisches Getreidesilo sanieren lässt. In dem fast 100 Jahre alten Gebäude direkt am Atlantischen Ozean wurde einst Export-Mais gelagert. „Kapstadt war damit ein Gateway zu Afrika und zum Rest der Welt“, sagt Zeitz. So will er auch das Museum verstanden sehen.

Das Projekt ist umfangreich. Die Gesellschafter der V&A Waterfront investieren umgerechnet fast 33 Millionen Euro in die Sanierung. Im Gegenzug stellt Zeitz seine Kunstsammlung permanent zur Verfügung sowie einen Etat für neue Ankäufe. „Für die laufenden Kosten sind wir dabei, ein nachhaltiges Wirtschaftsmodell zu entwickeln“, erklärt Green. „Wir wollen afrikanische Kunst so vielen Menschen wie möglich zugänglich machen.“ Eine Million Menschen sollen jedes Jahr das MOCAA besuchen. Das ist nicht unrealistisch, denn die V&A Waterfront zog im vergangenen Jahr 24 Millionen Besucher an. Damit ist sie das meistbesuchte Urlaubsziel Afrikas — noch vor den Pyramiden in Ägypten.

Der britische Stararchitekt Thomas Heatherwick, der unter anderem für die hydraulische Rolling Bridge in London Berühmtheit erlangte, wird die 42 senkrecht stehenden Betonröhren des Silos, die einst mit Mais gefüllt waren, in neun Stockwerke umwandeln. Davon sind 6000 Quadratmeter für Galerieräume reserviert. Eine Etage soll allein der Kunstbildung gewidmet werden. Dazu kommen ein Restaurant, Buchladen, Leseräume, ein Boutique-Hotel und auf dem Dach ein Skulpturengarten. Das Kernstück des Museums ist ein kathedralartiges Atrium mit den Konturen eines Maiskolbens. Speziell gefertigte Verglasung soll das Silo nachts in eine „glühende Laterne oder Signalleuchte“ verwandeln, so der Architekt.

„Ich bin immer jemand gewesen, der global gedacht hat“, sagt Zeitz, der mindestens ein Viertel des Jahres in Südafrika sowie auf seiner dem Naturschutz gewidmeten Farm Segera in Kenia verbringt. Daher soll Segera auch als ostafrikanischer Satellit des Zeitz MOCAA dienen, mit Künstlerresidenzen und kleineren Ausstellungen.

Kunst sammelt Zeitz bereits seit 15 Jahren. Auf afrikanische Kunst konzentriert er sich seit 2008, nachdem er sich als Puma-Chef für die Kreativität des afrikanischen Kontinents begeisterte. Das Sportartikelunternehmen aus dem fränkischen Herzogenaurach sponserte zahlreiche afrikanische Fußball-Nationalteams. Als Privatmann konzentrierte Zeitz seinen Blick auf die Kunst des Kontinents.

Seine Sammlung zeitgenössischer afrikanischer Kunst sei die „wohl mittlerweile bedeutendste“ dieser Art, schrieb das Kunstmagazin „art“. Zu ihr gehören Werke der Künstler Marlene Dumas, Nandipha Mntambo, Kudzanai Chiurai und Nicholas Hlobo.

„Museumsgründer Jochen Zeitz setzt sich quasi selbst ein Denkmal“, urteilte das Deutschlandradio Kultur über die Pläne. Es gibt aber auch Kritik: Der Kunstkritiker Matthew Blackman beklagte auf der südafrikanischen Website ArtThrob im vergangenen Frühjahr mangelnde Beteiligung einer breiteren Öffentlichkeit an den Plänen. Er äußerte die Befürchtung, das Haus sei nur die Kopie eines „westlichen“ Museums und werde die Vielfalt des afrikanischen Kontinents nicht abbilden. Es sei ein Museum, das von einem Europäer (Jochen Zeitz) gegründet, von einem Europäer (Thomas Heatherwick) entworfen und von einem weißen Südafrikaner (Mark Coetzee) kuratiert werde, kritisierte Blackman.

Bis das MOCAA voraussichtlich 2017 seine Türen öffnet, gibt der Scheryn Pavilion, eine kleine Galerie in der Nähe der Baustelle, einen ersten Eindruck des geplanten Museums. Hier ist ein Architekten-Modell aufgestellt, und es gibt wechselnde Ausstellungen der Werke, die zur Zeitz Kollektion gehören, wie die des simbabwischen Bildhauers Michele Mathison, die Zeitz persönlich auf der Venedig-Biennale 2013 ausgesucht hat. Die Installationen seien erworben worden, „um sie für die Menschen in Afrika zu erhalten“, heißt es im Informationstext. Ein hoher Anspruch — der sich in Zeitz' Ambitionen für das gesamte Museumsprojekt widerspiegelt.

„Ich möchte Afrika durch die Kunst zugänglicher machen und durch die Kunst zur Weltbildveränderung beitragen“, sagt Zeitz. Es gebe viel Aufklärungsbedarf über die zeitgenössische Kunst des Kontinents. So mancher würde an „Tribal Art“ denken, wenn Zeitz von seinem Museum erzähle: „Dabei geht es nicht nur um Masken und Holztiere.“