Joseph Fassbender neu entdeckt
Retrospektive des Künstlers mit 80 Werken.
Düsseldorf. Der Kölner Joseph Fassbender (1903-1974) ist eine so wichtige Figur in der Kunst nach dem Zweiten Weltkrieg, dass seine Wiederentdeckung in der Düsseldorfer Akademie-Galerie fast schon überfällig ist. Er war von 1955 bis 1958 Leiter der grafischen Abteilung der Werkkunstschule Krefeld, nahm gleich drei Mal (1955, 1957 und 1964) an der Documenta in Kassel teil, erhielt den Großen Kunstpreis der Stadt Köln und lehrte von 1958 bis 1968 als Nachfolger von Otto Pankok an der Kunstakademie Düsseldorf. Der Große Kunstpreis NRW, der Große Grafik-Preis der Biennale in Venedig und unzählige Staatsaufträge gehören zu seiner Biografie.
80 Werke bezeugen die Vielfalt in Fassbenders künstlerischem Wirken. Vor allem das grafische Werk gleicht einer Neu-Entdeckung. Frischer, lebendiger und ideenreicher als er hat keiner seiner Künstlerkollegen in den 50er und frühen 60er Jahren Plakate entworfen. Die Friedenstaube als Motiv für den Bonner Karneval ist da plötzlich Teil eines phantastischen Gesichts mit nur einem Tauben-Auge. Auch die rollenden Augen eines Kuh-Kopfes als Werbezeichen für eine Margarine-Marke beweisen den Hang des Künstlers zur Parodie. Diese Druckerzeugnisse beweisen sein handwerkliches Können, seinen Witz und seinen Erfindungsreichtum. Für ihn gab es keinen Unterschied zwischen freier und angewandter Kunst. Die Brüder van der Grinten wussten das zu schätzen und trugen die schönsten Plakate für Schloss Moyland zusammen.
Fassbender war in seiner Düsseldorfer Klasse für Freie Malerei und Grafik beliebt. Er war ein vorbildlicher Pädagoge. Er kam nicht etwa einmal im Semester angerauscht, wie es bei einigen Professoren heutzutage üblich ist, sondern reiste tagtäglich mit dem Zug von Köln nach Düsseldorf an, nahm sich Zeit, hörte zu, gab seine hohen ethischen und moralischen Grundsätze preis und entwarf den Zuhörern eine Bildung, in der die griechische Mythologie, die Philosophie und die Literatur eine Rolle spielten.
Das wird aus der wunderbaren Foto-Serie von Hans Rathschlag deutlich. Fassbenders Hang zur Antike, sein mit Steinen hantierender Sisyphus, seine Geschichte mit Robinson Crusoe beweisen den großen Geschichtenerzähler, der jedoch nicht schwatzte, sondern die Szenen zu abstrahieren pflegte. In mancher Federzeichnung wirkt er wie ein Vorbild des Phantasten André Thomkins.
Höhepunkt der Ausstellung sind die Gemälde, in denen er Zitate der Renaissance und Klassik, Architektur-Fragmente, Bühnenbild-Entwürfe und freie Abstraktionen zu einem neuen Ganzen verquickte. Er spielte eine herausragende Rolle mit seiner Kunst am Bau, schuf Wandteppiche, Holzreliefs und Decken für die Beethoven-Halle in Bonn, die Staatskanzlei NRW, die Rathäuser in Düsseldorf und Köln sowie den WDR.
Info: Düsseldorf, Akademie-Galerie, Burgplatz1, bis 7.2.2010, mi-so 12-18 Uhr. Die Schau wurde vom Nachlass-Verwalter Walter Borgers unterstützt. Katalog mit Texten von Siegfried Gohr, Vanessa Sondermann und Alice Trier-Franzen, 20 Euro.