Kunst: Aufbruch in eine neue Zeit des Geistes

„Bonjour Russland“ nennt sich das Gipfeltreffen der klassischen Moderne in Düsseldorf.

Düsseldorf. Keine Stadt ist besser auf dieses Ereignis vorbereitet als die Landeshauptstadt. Hier fanden noch im Kalten Krieg die Retrospektiven von Majakowski, Tatlin, Filonow und Wrubel unter Kunsthallenchef Jürgen Harten statt. Damals knüpften die Deutsche Bank, Kanzler Helmut Schmidt und Ministerpräsident Johannes Rau die Kontakte, jetzt sind es der Energiekonzern Eon, Kanzlerin Angela Merkel und Vladimir Putin als Schirmherren.

"Bonjour Russland" wird von Norman Rosenthal (London) als grenzüberschreitender Dialog russischer und französischer Künstler um 1900 kuratiert. 1870 lernte die erste russische Kolonie in Paris die Pleinair-Malerei und den Impressionismus kennen. Das Ende der grandiosen Schau setzen nach der Revolution von 1919 Künstler wie Kandinsky, Malewitsch, Matisse und Picasso mit ihren autonomen Bildern.

Die Russen litten um 1900 noch unter dem Joch der Zensur. Sie mussten mit ihren Bildern auf die Probleme des Lebens reagieren. Der Kühnste unter ihnen, Kasimir Malewitsch, dachte an eine Welt jenseits der Erdanziehungskraft. Sein "Rotes Quadrat" von 1915, schon 1980 in Düsseldorf, belegt dies: Der Maler verschob das Quadrat in die Schräge, so konnte es "in den Himmel treiben", wie er es nannte. Er fand ein Sinnbild für die Suche nach dem geistigen Raum in der Kunst.

Den Auftakt im ersten Saal macht Isaak Levitan mit einer mächtig dahin fließenden Wolga ("Nach dem Regen", 1889) in bester Landschaftsmalerei. Es grüßt Ilja Repin in lichter, impressionistischer Malweise. Der Symbolismus konzentriert sich auf Michail Wrubels Seraphin (1904), eine Ikone des Magischen in grob-prismatischen Brechungen. Diesen russischen Werken "antworten" die Franzosen, Claude Monet mit einer dekorativen Teichlandschaft, Paul Cézanne mit der versunkenen "Dame in Blau" und Pierre Bonnard mit einem Hymnus von Sonne und Licht, Höhepunkt in diesem Saal.

Die chronologisch gehängte Schau beginnt mit vielen Kabinett-Formaten notgedrungen im ersten, 14 Meter hohen Saal, während das Großformat "Der Tanz" von Matisse an der niedrigen, grau gestrichenen Wand des zweiten Raums fast unter der Decke endet. Die roten nackten Körper vor dem nächtlichen Blau, vom komplementären Grün abhebend, sind mit großer Klarheit extrem flächig gemalt, in einer rhythmisierten und doch genau beobachteten Bewegung. Der Betrachter darf sich ohne Panzerglas den Körpern nähern und den Purismus und die Sparsamkeit im Auftrag der Farben genießen.

Wie kostbarste Perlen defilieren die fünf Paradiesbilder von Paul Gauguin, sie stehen in Blickkontakt zu Henri Rousseau, der seinen Freund Guillaume Apollinaire und Marie Laurencin vor den "unsterblichen Seelen" der Blumen auf ewig bannt.

Standort: Düsseldorf, Museum kunst palast, Ehrenhof 4 - 5

Öffnungszeiten: 15.9. bis 6.1.2008 täglich (auch montags), 10 bis 20 Uhr

Eintritt: mo-fr 10, Familienkarte 20 Euro, sa, so, feiertags 12, Familienkarte 24 Euro. Senioren ab 60 Jahren di 7,50 Euro

Führungen: Täglich 11.30 bis 16 Uhr, mi auch 18 Uhr,Teilnahmegebühr mo- fr 5 Euro, sa, so + feiertags 7 Euro; Eintritt von7,50 Euro kommt hinzu.

Anmeldung: Nur telefonische Anmeldung: 0211-899-0123.

Katalog, Palace-Edition, deutsch- russisch, 29/39 Euro, 311 S., Beiträge von Norman Rosenthal, jedes Werk ist farbig abgebildet

Audio Guide, deutsch/englisch 4 Euro

Leihgeber: Eremitage, Russisches Museum, Puschkin-Museum, Tretjakow-Galerie. Kurator ist Sir Norman Rosenthal, London (Foto)

Sponsor: Eon, Düsseldorf

Herbstferienworkshop: "DasBuckelpferdchen." Bekanntes russisches musikalisches Märchen, mit Musikund Malkurs (für Kinder): 25.-28.9., 2.10.-5.10. (täglich)

Russlands weg zur Moderne: Seminar (8., 15., 22.10., Anm.: 0211/89 90 123

Tanz: Im Zusammenhang mit einer Führung: 9.10.

Kunstgespräche: Vier Abende (26.9. Beat Wismer, 24.10. Felix Philipp Ingold, 21.11. Jürgen Harten, 7.12. Hubertus Gaßner)

Dialog: Geführter Ausstellungsbesuch mitrussisch-französischem Buffet und russischer Literatur mit demSchriftsteller Wladimir Kaminer (21.10., 17.15 Uhr, Anm.: 0211/89 08211 oder 0211/329 191) Red