Kunstraub: Picassos zweite Frau gestohlen
Aus der Pariser Wohnung der Enkelin des Künstlers wurden zwei Bilder im Wert von 50 Millionen Euro entwendet.
Paris. Rätselhafter Kunstraub in Paris: Aus der Altbauwohnung einer Picasso-Enkelin sind zwei Gemälde des Jahrhundertkünstlers (1881-1973) im Schätzwert von 50 Millionen Euro gestohlen worden. Während der Tat sollen nach Angaben des Familienanwalts zwei Menschen in dem Appartement geschlafen und nichts bemerkt haben. Einbruchsspuren gab es nicht, wie die Polizei gestern berichtete. Es fehlt zudem eine Zeichnung Picassos. Ob es bereits eine heiße Spur gibt, wollte die Polizei nicht sagen. Die Ermittlungen leitet die auf Banden-Kriminalität spezialisierte Abteilung der Pariser Kripo.
Bei den gestohlenen Gemälden handelt es sich um das mit 60 mal 40 Zentimetern relativ kleine Bild "Maya à la poupée", das Picassos Tochter Maya mit einer Puppe zeigt, sowie um ein 170 mal 150 Zentimeter großes Porträt der zweiten und letzten Ehefrau des Malers, Jacqueline. Nach Angaben von Picasso-Anwalt Paul Lombard wurde das Bildnis von Maya mit dem Rahmen gestohlen, während das Jacqueline-Porträt aus dem Rahmen herausgenommen wurde. "Die Bilder waren sicherheitstechnisch gut geschützt und wurden ohne jegliche Einbruchsspuren entwendet", sagte Lombard.
Die bestohlene Enkelin Diana Widmaier-Picasso ist die Tochter der porträtierten Maya. "Dass Originale zu Hause hängen, ist sehr ungewöhnlich, zumindest bei millionenschweren Gemälden", sagte der Leiter des Picasso-Museums in Münster, Markus Müller. Die meisten der Picasso-Bilder in Familienbesitz seien in klimatisierten Safes von Kunstspeditionen untergebracht. Müller vermutete allerdings, dass das gestohlene Bild "Maya à la poupée" für die Picasso-Enkelin einen "hohen emotionalen Wert" hat - "das ist so wie das Familienfoto auf dem Kaminsims".
Aus Sicht des Picasso-Experten Müller müssen die Diebe über Informationen aus dem engsten Kreis der Picasso-Erbengemeinschaft verfügt haben. "Das ist Hoheitswissen. Wo die Bilder gerade sind, wissen nur ganz wenige Menschen". Nicht mal Museen wüssten, wenn sie ein Leihgesuch stellten, woher genau die Werke kämen. "Unter den ausgestellten Originalen steht daher auch immer nur "Privatbesitz Paris"", erläuterte Müller. In den Kunsthandel könnten die Werke nicht gelangen, ist sich Müller sicher. "Solche Bilder kann man nicht veräußern."
Der renommierte Kunsthistoriker und Picasso-Spezialist Prof. Werner Spies bezeichnete die gestohlenen Bilder als "wichtige Werke". In seiner vor etwa zehn Jahren in Stuttgart und Düsseldorf gezeigten Ausstellung "Picasso - Die Welt der Kinder" habe er auch ein Maya-Gemälde Picassos aus den 1930er Jahren gezeigt, sagte Spies. Auch die aktuelle Düsseldorfer Schau "Malen gegen die Zeit" widmet sich dieser letzten Schaffensperiode des Künstlers aus der die gestohlenen Bilder stammen.
Ausstellung: "Malen gegen die Zeit" in der Kunstsammlung NRW (K20), Grabbeplatz 5, Düsseldorf. Die Ausstellung ist noch bis zum 28. Mai zu sehen, immer dienstags bis freitags 10 bis 18 Uhr, samstags/sonntags/feiertags 11 bis 18 Uhr.
Internet: www.picasso-k20.de