Museen feiern 2012 die Avantgarde von 1912
Düsseldorf (dpa) - Im Jahr 1912 wurde die revolutionäre Avantgarde-Kunst mit ihren rauschhaften Farben als Befreiungsschlag im konservativen Deutschland gefeiert.
In Berlin eröffnete die Galerie „Der Sturm“, in Köln präsentierte eine wegweisende Ausstellung die europäische Phalanx des Expressionismus. Und in München gaben Wassily Kandinsky und Franz Marc den Almanach „Der Blaue Reiter“ heraus.
100 Jahre später feiern gleich vier namhafte Museen in Nordrhein-Westfalen die farbenprächtige und formenreduzierte Kunst der Moderne, mit der sich die jungen Maler aus dem Korsett der wilhelminischen Kultur befreiten. „Wir werden nicht mehr den Wald oder das Pferd malen, wie sie uns gefallen oder scheinen, sondern wie sie wirklich sind, wie sich der Wald oder das Pferd selbst fühlen“, lautete die Devise von Franz Marc.
Eine Schau der Superlative verspricht „Im Farbrausch. Munch, Matisse und die Expressionisten“ im Museum Folkwang in Essen zu werden. Ab Ende September werden dort die „Fauves“, die „Wilden“ der französischen Kunst wie Matisse und Derain dem Norweger Edvard Munch sowie Expressionisten in Deutschland wie Kirchner, Pechstein, Jawlensky, Kandinsky und Marc gegenübergestellt. Junge französische Künstler wie Matisse oder Delaunay hatten maßgeblichen Einfluss auf die Avantgarde in Deutschland. „Sie haben uns das rauschhafte Malen mit reiner Farbe gegeben“, sagte Museumsleiter Hartwig Fischer.
Im März 1912 eröffnete Herwarth Walden, einer der Vorkämpfer der Avantgarde in Berlin, die Galerie „Der Sturm“, die eine zentrale Rolle für die Verbreitung der neuen Kunst spielen sollte. Das Von der Heydt-Museum in Wuppertal widmet der Galerie, die Heimat für Künstlergruppen vom „Blauen Reiter“ bis zu den Futuristen und Kubisten wurde, die Ausstellung: „Der Sturm. Zentrum der Avantgarde“.
Seine Wurzeln hatte „Der Sturm“ in Wuppertal, wo die Avantgarde bereits unter der Leitung von Richart Reiche im Barmer Kunstverein Einzug gehalten hatte. Von Wuppertal strahlte der Expressionismus auch ins Rheinland aus, sagt die Kuratorin Antje Birthelmer.
Das Wallraf-Richartz-Museum in Köln rekonstruiert die wegweisende Sonderbundausstellung aus dem Sommer 1912, die als eine der wichtigsten Präsentationen europäischer Moderne in Deutschland gilt. Die Teilnehmerliste liest sich wie das „Who's Who?“ der Klassischen Moderne: Cézanne, Gauguin, Kandinsky, Macke, Marc, Matisse, Munch, Nolde, Picasso, Schiele, van Gogh. Zum 100. Jubiläum führt das Museum mehr als 100 der damals gezeigten Meisterwerke wieder zusammen.
Ihre Vorbilder fanden die revolutionären Maler auch in alten Meistern. Die Expressionisten berauschten sich an den intensiven Farben El Grecos. Nicht nur im Almanach des „Blauen Reiters“ wurde El Greco zitiert, sondern auch in der Sonderbundausstellung. Die Begegnung der neuen Kunst des 20. Jahrhunderts mit dem vor rund 400 Jahren gestorbenen El Greco macht das MUSEUM KUNSTPALAST in Düsseldorf zum Thema. Das Haus zeigt eine Auswahl von etwa 40 Werken El Grecos zusammen mit rund 100 Bildern von Künstlern wie Cézanne, Picasso, Delaunay sowie auch Macke, Marc und Beckmann.
Das Jahr 1912 sei zu einem „Kulminationspunkt“ der Moderne geworden, sagt Birthelmer. „Am Vorabend des Ersten Weltkrieges wurden die Weichen gestellt für die nächsten Jahre.“ Der Krieg aber bereitete dem Aufbruch der Avantgarde ein vorläufiges Ende. Künstler wie August Macke und Franz Marc fielen auf den Schlachtfeldern. Kandinsky floh nach Moskau. Nach dem Krieg kamen neue Stilrichtungen in der Kunst auf.