Ausstellung Mystisches Erleben: Video-Künstler Bill Viola in Hamburg
Hamburg (dpa) - Scheinbar leblos liegt ein weiß gekleideter Mensch auf einer Art Podest, Unmengen von Wasser prasseln auf den Körper. Allerdings nicht von oben, sondern von unten, wie aus der Erde kommend.
Minutenlang kann man diesem Geschehen auf einer riesigen vertikalen Leinwand zuschauen. Plötzlich bäumt die gezeigte Person sich auf und wird von dem entgegengesetzten Regen förmlich in den Himmel getragen. Die Tropfen versiegen, bis nur die glitzernde Platte auf dem nassen Boden zurückbleibt. „Tristan’s Ascension“ (Tristans Himmelfahrt) heißt die Video-Ton-Installation von 2005 des weltberühmten amerikanischen Künstlers Bill Viola.
Fast bis an die Decke der Hamburger Deichtorhalle reichend, ist sie Ausgangspunkt der dort bis 10. September zu erlebenden Schau „Bill Viola - Installationen“ mit 13 Arbeiten aus 25 Jahren des 1951 in New York geborenen Kreativen. „Tristan’s Ascension“ schildere, so heißt es im Katalog, „wie die Seele nach dem Tod im Raum aufsteigt.“ Sterben und Erlösung, Liebe und Leiden sowie die Erfahrung von Transzendenz sind die lebenslangen Themen Violas. Spirituelle Haltungen und Religionen aus Ost und West, vor allem deren mystische Aspekte, inspirieren ihn dabei.
Urelemente wie Feuer und Wasser, viel Licht und Dunkel verarbeitet er zu Werken von fast altertümlicher Schönheit. Mit den Video-Bildern in Slow-Motion motiviert er den Betrachter, aus der Alltagshektik auszusteigen und sich wesentlichen Fragen zu widmen.
„Die Ausstellung, die wir geschaffen haben, ist eine Reise der Seele“, sagte Violas Ehefrau Kira Perov, auch Geschäftsführerin des „Bill Viola Studio“ (Long Beach, Kalifornien), die ihren Mann nach Hamburg begleitete. Entstanden ist die Schau im Rahmen des Reformationsjubiläums 2017 in Zusammenarbeit mit der Katholischen Akademie Hamburg und der Evangelischen Akademie der Nordkirche. Zum umfangreichen Begleitprogramm gehört ein Gottesdienst mit der Nordkirchen-Bischöfin Kirsten Fehrs unter dem Motto „Lebendiges Wasser“ am 30. Juni in der wie eine Gewerbe-Kathedrale anmutenden Deichtorhalle aus dem frühen 20. Jahrhundert.
Viola, mit Projekten und Ausstellungen sonst im Pariser Grand Palais, im Museum Of Modern Art in New York, auf der 46. Biennale von Venedig oder derzeit im Palazzo Strozzi von Florenz vertreten, zeigt in Hamburg auch sein „Nantes Triptych“ von aus dem Jahr 1992. Auf den drei Video-Bildern ist links eine Geburt zu sehen, rechts liegt jemand an Krankenhausschläuchen offensichtlich im Sterben. Verschwommen dagegen die schwarz-weiße Menschendarstellung in der Mitte - ein Anlass, die Gestaltung der eigenen, knapp bemessenen Lebensspanne zu überdenken, ihr Farbe und Kontur zu geben?