Schlingensief-Benefizauktion ein voller Erfolg
Berlin (dpa) - Es war ein wagemutiges Experiment, aber die Rechnung ist aufgegangen: Aino Laberenz, die Witwe des begnadeten Regisseurs Christoph Schlingensief, hat mit einer Kunstauktion mehr als eine Million Euro für den letzten großen Lebenstraum ihres Mannes eingenommen.
Mit dem Geld will die 31-jährige Bühnen- und Kostümbildnerin das Operndorf im bitterarmen Burkina Faso im Westen Afrikas weiterbauen, für das er noch kurz vor seinem Tod den Grundstein gelegt hatte. Im Oktober 2011 startete dort eine Schule, jetzt soll eine Krankenstation folgen.
„Dass sich so viele Menschen beteiligt haben, ist nicht nur für mich, sondern auch für Christoph eine ganz tolle Ermutigung“, sagte Laberenz am Donnerstagabend bei der Auktion im Museum Hamburger Bahnhof in Berlin. „Im April baue ich weiter.“
Prominente Künstler und namhafte Galerien hatten mehr als 80 Werke für die Benefizveranstaltung gespendet. Bei der Versteigerung eines abstrakten Bildes von Sigmar Polke aus dem Jahr 1987 wird die Stimmung in der großen historischen Bahnhofshalle besonders nervös. Die Interessenten belauern sich gegenseitig, per Handy werden letzte Gebote anonymer Bieter eingeholt, bis bei 66 000 Euro schließlich der Hammer fällt - Rekord des Abends.
Aber auch Werke von Georg Baselitz, Christo & Jeanne Claude, Olafur Eliasson, Eberhard Havekost, Günther Uecker, Andreas Gursky und Wim Wenders gehen gut weg. Bei anderen muss der Berliner Rechtsanwalt und Kunstmäzen Peter Raue als Auktionator manchmal noch kräftig die Werbetrommel rühren, manches bleibt auch ganz liegen. Trotzdem: Am Schluss zeigt der Rechner stolze 1 025 000 Euro.
„Ein Wahnsinn, das hätte ich nie im Leben gedacht“, sagt Laberenz noch ganz aufgeregt der dpa. „Ich habe immer im Kopf mitgerechnet: Jetzt kann ich die Krankenstation bauen, jetzt die Solaranlage, jetzt noch die Einrichtung für die Krankenstation, und jetzt sogar noch neue Schulräume!“ Bisher besuchen 50 Kinder aus den umliegenden Dörfern die Schule unweit der Hauptstadt Ouagadougou. Jedes Jahr sollen neue dazukommen, bis ganz am Schluss in einem dritten Bauabschnitt das eigentliche Opernhaus entsteht.
Für besonders bewegende Momente bei der Versteigerung sorgte die amerikanische Sängerin und Künstlerin Patti Smith. Sie trug vor den rund 400 Gästen ein Lied vor, das sie für den einstigen engen Freund geschrieben hat. „Ich weiß, dass Christoph glücklich ist, weil ich immer mit ihm in Verbindung stehe“, sagte die 65-Jährige.
Eine Schlingensief gewidmete Türtafel von ihr mit einem tränenden Herz sowie ein Originalkostüm des Regisseurs vom Wiener Burgtheater wurden für jeweils 20 000 Euro ersteigert - die anonymen Bieter wollen sie der Neuen Nationalgalerie schenken, die die Auktion mit ihren Räumen und viel Sachverstand unterstützt hatte.
Und noch eine andere gute Nachricht konnte Auktionator Raue verkünden: Der Unternehmer und Kunstsammler Friedrich Christian „Mick“ Flick, der schon das Polke-Bild beigesteuert hatte, will dem Verein eine Viertelmillion Euro spenden. Das Geld soll Grundstock für eine Stiftung sein, um den laufenden Betrieb des Opernhauses zu finanzieren. „Ich kann nur ahnen, wie sehr sich Christoph gefreut hätte“, sagte Nationalgalerie-Direktor Udo Kittelmann. Schlingensief war im August 2010 mit 49 Jahren an Lungenkrebs gestorben.