Selfies im Museum erwünscht - Fotografierverbot weicht auf

Das seit Jahrzehnten bestehende Fotografierverbot in den Häusern weicht auf. Die „Selfies“ der Besucher werden zu Werbung.

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Düsseldorf/Wuppertal/Mettmann. Früher fühlte man sich als Museumsbesucher oft verfolgt wie ein Verdächtiger. In allen Räumen saßen dunkel gekleidete Aufpasser, die überwachten, dass die Vorschriften wie „Kunstwerke nicht berühren“ oder „Fotografieren verboten“ eingehalten wurden. Doch in Zeiten von Digitalkamera und Smartphone lässt sich das Fotografierverbot kaum noch durchsetzen. Viele Häuser erlauben daher inzwischen Erinnerungsbilder und die sogenannten „Selfies“ — allerdings meist nur ohne Stativ, ohne Blitzlicht und ausschließlich zum privaten Gebrauch.

Auch im Düsseldorfer Museum Kunstpalast gibt es kein Fotografier-Verbot. „Wir freuen uns sogar darüber, wenn die Besucher ein Selfie machen und sich mit einem Besuch bei uns in sozialen Netzwerken schmücken. Das sind für uns Multiplikatoren“, sagt Tobias Bader vom Museum und ergänzt: „2013 haben wir selbst im Zuge einer internationalen Aktion ein Selfie bei Facebook hochgeladen.“

Genauso wird es im Neanderthal Museum gehandhabt. „Je mehr Selfies die Besucher in den sozialen Netzwerken hochladen, desto besser ist es für uns“, erklärt Viviane Bolin vom Mettmanner Museum. „Mundpropaganda ist die beste Werbung für das Haus. So viele Flyer könnten wir gar nicht verteilen“, sagt Bolin.

Eine andere Philosophie vertritt das Wuppertaler Von der Heydt-Museum. Dort sollen die häufig für Selfies verwendeten Smartphones lieber ausgeschaltet bleiben. „Die Besucher können sich so einfach besser auf die Führung konzentrieren“, erklärt Kuratorin Beate Eickhoff. Bei Sonderausstellungen gelte darüber hinaus weiter striktes Fotografier-Verbot, da die Besitzer der Leihgaben dies als eine Bedingung formulieren. „Für unsere ständige Sammlung können sich Besucher dagegen eine Fotoerlaubnis kaufen“, sagt Eickhoff. Kosten: zehn Euro.

Auch Matthias Henkel vom Vorstand des Internationalen Museumsrates ICOM Deutschland plädiert dafür, Kameras weiterhin nur in Ausnahmefällen zu erlauben. Viele Menschen nähmen die Welt nur noch durch ihre Kameras wahr, beklagt er. „Im Museum haben sie die Chance, sich entschleunigt mit Originalen auseinanderzusetzen. Es geht um die Bilder, die im Kopf entstehen.“

Das seit Jahrzehnten in vielen Häusern bestehende Fotografierverbot hat urheberrechtliche Gründe. Die von Besuchern aufgenommenen Bilder dürfen auf keinen Fall kommerziell genutzt werden. Bei alten Werken kann das Blitzlicht zudem den empfindlichen Farbpigmenten schaden. So darf die 3500 Jahre alte Büste der Nofretete in Berlin nicht mehr fotografiert werden. 2010 hob das Neue Museum die Erlaubnis auf, da viele Besucher beim Ablichten der ägyptischen Schönheit das Blitzverbot missachtet hatten.

Doch nicht nur das Blitzlicht schadet Kunstwerken. Im März zerstörte ein Student in Mailand die Skulptur eines nackten Jünglings, als er für ein Selfie auf den Schoß der Figur kletterte. Glück im Unglück war, dass es sich bei dem beschädigten Kunstwerk nicht um eine antike Statue, sondern nur um eine Nachbildung handelte.