Sigmar Polke: Mit dem Schalk im Nacken
In Siegen erhält am Sonntag der Kölner Maler Sigmar Polke den Rubens-Preis und eröffnet eine herrliche Ausstellung mit neuen Werken.
<strong>Siegen. Sigmar Polke hat ein lausbübisches Lachen. Wie jung, neugierig und abenteuerlustig der 66-Jährige ist. Ganz wie seine Kunst, die stets überrascht. Zwischen dem Kopf eines Polizisten und dem eines Schweins ist bei ihm kein großer Unterschied, denn beide schnüffeln. Teufelchen und Engelchen können durch seine Bilder fliegen, während auf dem Boden die junge Dame mit verbundenen Augen im Schaukelstuhl wippt. Doch dieser Weltstar der Kunst, ab morgen der neue Rubens-Preisträger der Stadt Siegen, hat es faustdick hinter den Ohren.
Von Journalisten im Museum für Gegenwartskunst in Siegen umzingelt, rennt er einfach weg. Während der einstige Mönchengladbacher Museumschef Dierk Stemmler bei der Vorbereitung seiner Schau im Deutschen Pavillon 1985 stundenlang vergeblich an Polkes Kölner Eingangstür klopfte, ist der Künstler diesmal gnädig gestimmt, kommt wieder und hilft einem Kameramann, weil er fürchtete, der Mann könne gar nicht sehen.
Der Mann mit der Kamera solle sich auf die eine Seite des Bildes und dann auf die andere Seite stellen. "Sehen Sie, es ist bei den Brechungen wie in einer frühen kubistischen Darstellung. Sie sehen den Gegenstand von zwei Seiten verschiedenartig. Auch in der Kirche gibt es derlei Motive, die Dreifaltigkeit oder Dreieinigkeit, das sind alles Versuche, die Gegenstände zu brechen."
Polke setzt seinen Humor als Waffe ein. Immer dann, wenn man denkt, man habe ihn und könne seine Kunst entziffern, macht er sich davon. Er liebt das Spiel vor und hinter den Bildern, die Verwirrung, den steten Prozess der Verwandlung, die Verschachtelung der Bildschichten, die je nach Blickrichtung wie aus einem imaginären Bilderarchiv auftauchen.
Biografie: Sigmar Polke wurde 1941 im schlesischen Oels geboren, machte 1959 eine Glasmalerlehre in Düsseldorf, studierte von 1961 bis 1967 in Düsseldorf, war von 1977 bis 1991 Akademieprofessor in Hamburg, lebt seit 1978 in Köln, erhielt 1985 den Goldenen Löwen auf der Biennale in Venedig und zählt zu den wichtigsten Künstlern der Welt.
Ausstellung: 80 Werke werden im Museum für Gegenwartskunst in Siegen bis zum 16. September im unteren Schloss gezeigt, di-so 11-18, do bis 20 Uhr.
Rubenspreis: Die Auszeichnung ist mit 5200 Euro dotiert. Die Stadt Siegen zeichnet damit europäische Maler für ihr Lebenswerk aus; vor Polke erhielten ihn Künstler wie Morandi, Bacon, Twombly und Geiger. Der Festakt morgen ist nur für geladene Gäste, die Ausstellungseröffnung um 14 Uhr ist öffentlich.
Rubens: Peter Paul Rubens wurde 1577 in Siegen geboren und starb 1640 in Antwerpen. Er war Diplomat der spanischen-habsburgischen Krone und gilt als der bekannteste Maler des Barock.