Workshop im Knast: Helge Achenbach ist jetzt Maler

Düsseldorf (dpa) - Seit fast genau zwei Jahren sitzt der Kunstberater Helge Achenbach hinter Gittern. In der Untersuchungshaft ist aus dem einstigen Strippenzieher der deutschen Kunstszene ein Maler geworden.

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Achenbachs Wandlung vom Kunstberater zum Künstler ist nun erstmals außerhalb der Gefängnismauern zu besichtigen. Der 64-Jährige, der wegen Millionenbetrugs zu sechs Jahren Haft verurteilt wurde, hat im Gefängnis-Workshop „Malen und Zeichnen“ sein erstes großes Kunstwerk angefertigt.

Das Alpenpanorama „Spirit of Freedom Nr. 10“ (Freiheitsgeist) wird am 18. Juni im Kölner Auktionshaus Van Ham versteigert. Das Acryl-Bild, 140 mal 140 Zentimeter groß, ist das Extra-Los bei einer Auktion von Restbeständen aus dem einstigen Kunstfundus der Beratungsfirmen Achenbachs. Ein echter „Helge Achenbach“ steht nun in einer Reihe mit Werken von weltbekannten Künstlern wie Georg Baselitz, Joseph Beuys, Jörg Immendorff, Markus Lüpertz und Thomas Struth. An die Preise von Struths Fotos (bis zu 60 000 Euro) reicht Achenbachs Erstlingswerk natürlich nicht heran. 3500 bis 5000 Euro lautet die Taxe für das Alpenpanorama.

Anders als bei den rund 2400 Kunstwerken, die aus dem Bestand der einstigen Achenbach-Firmen zwangsversteigert wurden, hält diesmal nicht der Insolvenzverwalter die Hand auf. Der Erlös von „Spirit of Freedom“ wird der Flüchtlingshilfe der Diakonie Düsseldorf gespendet.

Düster erheben sich die Berge in dem Bild, die schneebedeckten Gipfel werden wie ein Lichtblick von einem rosa-blauen Licht beschienen. „Ich finde das Bild für jemanden, der erst seit gut einem Jahr malt, sehr beachtlich - in Technik und Aussage“, sagt Achenbachs Ehefrau Dorothee, eine promovierte Kunsthistorikerin. Das Bild bedeute für ihren Mann aber noch viel mehr. „Es ist für ihn ein Zeichen: Ich bin noch da, ich lebe noch.“

Am 10. Juni 2014 war Achenbachs Jet-Set-Leben mit schillernden Kunstmessen und luxuriösen Events auf einen Schlag vorbei. Polizisten nahmen den in der Welt der Millionäre bestens vernetzten Kunstberater am Flughafen Düsseldorf fest, nachdem er kurz zuvor noch das WM-Quartier der deutschen Nationalelf in Brasilien mit Kunst bestückt hatte. Seitdem sitzt Achenbach in einer Einzelzelle in der JVA Essen in U-Haft. Unter Tränen legte er im Strafprozess ein Teilgeständnis ab. Im März 2015 wurde er wegen Betrugs in Höhe von rund 20 Millionen Euro an seinem Duzfreund, den 2012 gestorbenen Aldi-Erben Berthold Albrecht, verurteilt.

Ob das Urteil rechtskräftig ist, dürfte der BGH in Karlsruhe nach Einschätzung von Achenbachs Verteidiger Thomas Elsner wohl in diesen Tagen entscheiden. Sollte die Revision erfolglos sein, hofft Ehefrau Dorothee Achenbach darauf, dass ihr Mann in den offenen Vollzug kommt. Der Absturz Achenbachs habe die Familie noch enger zusammengeschweißt, sagt sie. Angesichts einer schwer zu überblickenden Prozessserie „kommen wir wohl auch die nächsten Jahre nicht zur Ruhe“.

Fast immer ist die Familie von Berthold Albrecht der Prozess-Gegner. Ein Zivilurteil, nach dem Achenbach der Albrecht-Familie fast 20 Millionen Euro Schadenersatz zahlen soll, wurde vom Oberlandesgericht kassiert. Der Prozess muss neu aufgerollt werden. Dorothee Achenbach kämpft zudem um die Rückgabe eines von den Aldi-Erben gepfändeten Nagelbildes von Günther Uecker.

Achenbach hat sich in der zweijährigen U-Haft inzwischen offenbar eingerichtet. Er arbeitet als Sportwart in der Gefängnis-Sporthalle, räumt Geräte weg und putzt auch mal. Um zehn vor sechs werden die Häftlinge in der JVA geweckt, eine Stunde am Tag ist Freigang im Hof, um 21.00 Uhr werden die Zellentüren wieder abgeschlossen.

Das Firmenimperium Achenbachs ist zerschlagen. Dorothee Achenbach macht sich zur Zeit selbstständig und bietet künftig besondere Kunstführungen mit Besuchen in Künstlerateliers und auf Kunstmessen an. Auch ihr Mann schmiedet Pläne für die Zukunft. Dabei besinne er sich auf sein Sozialpädagogik-Studium, sagt Dorothee Achenbach. „Er will sich in der Flüchtlingshilfe engagieren.“