Abschied von Roger Cicero in Hamburg

Hamburg (dpa) - Der Schock über den frühen Tod von Jazzmusiker Roger Cicero ist allen noch deutlich anzumerken.

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„Und dann kommt plötzlich ein Anruf: Roger ist tot. Und nichts mehr ist so wie es gerade eben noch war“, erzählt Konzertveranstalter Dieter Semmelmann von jenem Moment, in dem er davon erfahren hat. „Ganz ehrlich, vollkommen realisiert habe ich es immer noch nicht“, sagt er den Hunderten Gästen der Trauerfeier am Freitag in Hamburg. Damit sei er nicht alleine, sagt Semmelmann. Egal ob Künstler, Fans oder Band - ihnen allen gehe es so. „Es fällt uns wahnsinnig schwer, das, was passiert ist, zu akzeptieren.“ Am 24. März war Cicero im Alter von gerade mal 45 Jahren an den Folgen eines Hirnschlags gestorben.

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Nun sitzen Trauernde in der St. Gertrud-Kirche im Hamburger Stadtteil Uhlenhorst, um Abschied zu nehmen. Knapp 600 Gäste - darunter Komiker und Musiker Olli Dittrich, TV-Moderator Hubertus Meyer-Burckhardt und ESC-Kommentator Peter Urban - sind gekommen: Familie und Freunde, Weggefährten und Kollegen - und natürlich Fans. Schon lange bevor die Türen sich öffnen, warten die Ersten im strömenden Regen. Drinnen ergreift dann sein bester Freund zuerst das Wort: Norbert Lütjens, Jugendpfleger aus Schwarzenbek, kannte ihn noch aus Studienzeiten. Selbst als er seinen großen Erfolg erreicht hatte, „war Roger immer noch der Freund“, erzählt er. „Wie kein Zweiter war er dazu in der Lage, das Richtige im richtigen Moment zu sagen.“

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Wie Lütjens versagt auch anderen Rednern gelegentlich die Stimme, wenn sie in der mit weißen Rosen geschmückten Kirche an den Mann erinnern, der nun nur noch vom großen Porträt neben ihnen auf die Gäste schaut. „Heute Abend wollte er eigentlich in Wien sein“, sagt Konzertveranstalter Semmelmann, „heute Abend wollte er mit seiner Big Band wieder Frank Sinatra zelebrieren“. Cicero sei ein „großartiger Ausnahmekünstler“ gewesen. „Wir haben einen ganz Großen verloren, der eine Lücke hinterlässt, die nicht zu füllen sein wird - weder musikalisch noch menschlich“.

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Andere Konzertveranstalter hätten ihn sicher um Roger beneidet, erzählt Semmelmann. Nicht nur wegen Ciceros Erfolg, sondern auch weil er stets so professionell, zuverlässig und diszipliniert gewesen sei. „Ausgerechnet Roger?“, meint er noch immer fassungslos über den Tod des Musikers. „Ausgerechnet der Künstler, der immer am gesündesten gelebt hat. Der keinen Alkohol getrunken, sich das Rauchen abgewöhnt und kaum Fleisch gegessen habe. „Statt Jack Daniel's wie vielleicht Frank Sinatra nahm er eine Yogamatte mit auf Tournee.“

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Cicero hatte für Deutschland 2007 beim Eurovision Song Contest (ESC) gesungen und mit „Frauen regier'n die Welt“ den 19. Platz belegt - wenige Wochen nach seiner ersten Auszeichnung beim Musikpreis Echo. Im Jahr zuvor war er mit dem Album „Männersachen“ (2006) erstmals weit vorn in den Charts gelandet und hatte mit der Auskopplung „Zieh die Schuh aus“ seinen ersten Hit. Die letzten großen Projekte des Wahl-Hamburgers waren „Cicero Sings Sinatra“ und „The Roger Cicero Jazz Experience“ - mit beiden wurde er erneut für Echo-Trophäen nominiert, darunter für den Echo Jazz, der am 26. Mai in Hamburg vergeben wird.

Der Musiker war vor seinem Tod gerade wieder durchgestartet, nachdem er zuvor wegen Erschöpfung eine längere Pause einlegen musste. Im April wollte Cicero bei seiner ausverkauften Tournee wieder auf der Bühne stehen. Kurz nach seinem Tod platzierten sich gleich fünf Alben des Sängers in den Charts. „Er hat bewiesen, dass zu unterhalten und dabei dennoch das allerhöchste musikalische Niveau zu halten, kein Widerspruch sein muss“, sagt Sony-Music-Chef Philip Ginthör auf der Trauerfeier. Musiker der Roger-Cicero-Big-Band spielen während der Zeremonie - und auch Roger selbst ist noch einmal zu hören.

Der letzte Moment gehört Mutter und Sohn: „Ich hätt' so gern noch Tschüss gesagt“ heißt die Ballade, die Cicero - 2008 selbst Vater von Sohn Louis geworden - seinem eigenen Vater gewidmet hatte. Jazzpianist Eugen Cicero war 1997 im Alter von 57 Jahren ebenfalls nach einem Hirnschlag gestorben. Als das Lied noch einmal erklingt, steht Rogers Mutter, gestützt von Ciceros Managerin Karin Heinrich, vor dem Altar und hört die Stimme ihres Sohnes singen: „Ich hätt so gern noch Tschüss gesagt...ein letztes "Mach's gut mein Sohn!“