Berlin wird zur Hauptstadt der Country-Music
Berlin (dpa) - Berlin wird für ein langes Wochenende zur Hauptstadt der Country Music.
Wenn ein buntes Völkchen von Cowboys, Can-Can-Tänzerinnen, Offizieren der US-Kavallerie oder wohlgenährten Unteroffizieren der Nord- oder Südstaaten-Infanterie durch die Straßen ziehen, dann ist nicht etwa eine verspätete Darbietung der Fashion Show angesagt. Dann ist die Zeit der Stars und Sternchen der Country Music gekommen, die vom 3. bis 5. Februar in zwei parallelen Veranstaltungen fast rund um die Uhr angeboten wird.
„Was soll'n wir denn in Nashville“, gibt Deutschlands älteste Country-Band Truck Stop den Grundgedanken vor. Ob Bluegrass, Cajun, Hillbilly oder Country Rock - die amerikanische, europäische und deutsche Szene bietet dem Fan in Berlin - fernab der Country-Hauptstadt Nashville - einfach alles, was das Country-Herz begehrt. Dutzende von Händlern aus ganz Europa runden das Angebot ab, vom T-Shirt bis zum Stetson gibt es fast alles.
Das „Country Music Meeting“ im Fontane-Haus in Reinickendorf ist zwar mit 42 Bands und Solisten auf elf Nationen auf zwei Bühnen die kleinere Veranstaltung, bietet aber nach Meinung der Musiker und Fans die bessere Musik. Allein die für Sonntag angesetzten Auftritte des Alt-Barden Larry Schuba („Auf der Autobahn“) und von Truck Stop („Ich möcht' so gern Dave Dudley hören“) untermauern die Meinung, dass im Fontane-Haus direkt neben dem American Western Saloon von Organisator Frank Lange „Klasse statt Masse“ geboten wird. „Es war mühsam, aber es hat sich gelohnt“, freut sich Lange über den Coup mit Truck Stop. „Das wird ein Klasse-Meeting.“ Dabei denkt er schon ein Jahr weiter. „Da wird schon mit Künstlern der ersten Reihe aus Nashville verhandelt“, verrät er ein wenig über die Planung für 2013.
Heiße Klänge sind schon jetzt garantiert: Erstmals seit seiner Trennung von Western Union tritt Schuba mit neuer Band auf - „very fine pickin'&singin'“ verspricht er den Fans in der Combo mit Accoustic Thunder. Und wenn der Ire „Tiny“ McNeela dann sein vermeintliches Liebeslied „She broke my heart“ (Sie brach mein Herz) anstimmt, freuen sich die Fans schon auf die zweite Strophe: „And I broke her jaw“ (und ich brach ihren Kiefer).
Den Kickoff im Saloon macht der Texaner Cody Jinks („Lost Highway“) schon am Donnerstag. Einem eher niederländisch geprägten Freitag folgt der „Kraut Saturday“ mit deutschen Country-Bands, viele von ihnen aus der Berliner Szene. Und wer die Songs und Bands nicht kennt: Etwas Johnny Cash hat jede im Repertoire.
Auf der „Country Music Messe“ im alten Postbahnhof geben sich 120 Bands und Solisten aus zwölf Nationen das Mikro in die Hand. Die Palette reicht vom Grammy-Gewinner Billy Yates bis zum Newcomer Mitch Keller aus Teltow. „Es ist der Treffpunkt der Szene zu Jahresbeginn“, meint Veranstalter Kai Ulatowski. Allerdings sei bei der Vielzahl von Musikern eine Bewertung der Qualität schwierig: „Einige sind schwer einzustufen, einige kenne ich gar nicht.“ Doch sei die Veranstaltung als Messe konzipiert, bei der sich Musiker „einfach selbst darstellen“, um unter anderem auch Engagements einzuspielen.
Warum zwei Veranstaltungen gleichzeitig? Die einstigen Freunde und Geschäftspartner Lange und Ulatowski, die früher die Country-Messe gemeinsam veranstalteten, gingen vor Jahren im Streit auseinander und versuchen jetzt, ihr jeweils „eigenes Ding“ durchzuziehen. Der Country-Fan muss dafür jetzt lange Wege durch Berlin in Kauf nehmen.
Nur wenige Bands spielen auf beiden Veranstaltungen. „Wer bei Frank Lange singt, muss bei mir nicht auftreten, ich kann frei auswählen“, sagt Ulatowski. Einige bekommen das zu spüren. „Traurig - aber leider wahr“, meint die Gruppe Nashfield aus Bielefeld, die nach ihrer Website-Darstellung vom Veranstalter vor die Wahl gestellt wurden - entweder Messe oder Meeting. Schließlich entschieden sie sich für das Meeting im Fontane-Haus.
Die Berliner Bands The Krusingers oder Bluegrass Breakdown („Fascination Expired“) aber haben Heimvorteil und spielen auf beiden Treffen. „Wir nutzen das Forum beider Veranstaltungen“, sagt Bluegrass-Bassist Reinhard Arndt. Aus dem Streit der Veranstalter möchte sich die Band heraushalten. Dennoch meint er: „Für uns Musiker ist das dumm, denn die Country-Szene ist eher klein.“