Zerbrechlich Bitteres Vergnügen - Leslie Feists neues Album

Rom (dpa) - Interviews sind nicht gerade die Lieblingsbeschäftigung von Leslie Feist. Zu ihrem neuen Album „Pleasure“, das am Freitag veröffentlicht wurde, sagt die Kanadierin deshalb nicht viel.

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Aber die elf Songs der Künstlerin sprechen für sich - und vom Schmerz, von Sehnsucht und verlorenen Träumen.

Seit ihrem letzten Album „Metals“, das vor fünfeinhalb Jahren erschien, ist im Leben der Popsängerin viel passiert. Vieles, das ihr zusetzte - aber genug Stoff für ein intimes, hoch emotionales und stellenweise raues fünftes Album lieferte.

„Ich habe eine ziemlich harte Zeit hinter mir“, sagte Feist (41), wie sie sich als Künstlerin nennt, kürzlich dem „Zeit Magazin“. „Ich habe die beschissensten drei Jahre hinter mir, die ein Mensch erleben kann.“ Sie spricht von einer gewaltigen Gleichgewichtsstörung, von tektonischen Platten ihrer Welt, die sich verschoben hätten, ohne dass sie es gemerkt habe.

„Pleasure“ öffnet mit dem gleichnamigen Song, in dem Feist ihre unverkennbare Stimme zunächst mit nicht viel mehr als angezupften Saiten begleitet, dann mit einer rockig-rebellischen Gitarre. In „I Wish I Don't Miss You“ wird sie im Text deutlich: „Ich wünschte, ich würde dich nicht vermissen“, singt sie darin, „Du nanntest mich Baby, ich nannte dich auch so, bis du mit einer anderen Stimme zu mir gesprochen hast“. Der Song ist schwer, tieftraurig. Feist klingt zerbrechlich und verzweifelt.

Der Sound ist wie in den übrigen Songs der Platte abgespeckt, minimalistisch, es kommen neben Feists Gitarre nur wenige andere Instrumente zum Einsatz. Oft rauscht es im Hintergrund, das Album klingt irgendwie unfertig, was die Intimität und Direktheit noch verstärkt. Voller wird der Klang etwa in „The Wind“, wo auch Bläser mit einstimmen. Für „The Century“ - ein kraftvoller, düsterer Titel mit Stampf-Rhythmus - holt Feist den ehemaligen Sänger der britischen Band Pulp Jarvis Cocker mit an Bord, der von endlosen dunklen Nächten spricht und von einer einzigen Sekunde, die sich wie ein Jahrhundert anfühlt.

Feist produzierte das Album mit Unterstützung des Musikers Mocky - einem alten Freund - und des Produzenten Renaud Letang innerhalb von drei Monaten. Wie auf dem Vorgänger „Metals“ steht ihre facettenreiche Stimme im Mittelpunkt - mal ist sie brüchig, mal zart, dann wieder kraftvoll oder gar wütend. Und stets ist da die Spannung zwischen positiven und negativen Stimmungen, das Rauf und Runter der Gefühle besingt Feist etwa ganz klar in „Get Not High, Get Not Low“.

Der Hörer wird direkt mit Feists Emotionen konfrontiert - und der Grund für ihre Verzweiflung war nicht nur eine zerbrochene Beziehung. Als die Musikerin erschöpft von der intensiven Tournee nach ihrem Erfolgsalbum „Metals“ nach Toronto zurückkehrte, stellte sie fest: Die Welt hat sich weiter gedreht, ohne sie. Und so begann sie, sich Gedanken über ihr Leben als Ganzes zu machen.

„Wenn du jünger bist, nimmst du an, dass da eine goldene Tür ist, die sich öffnen wird, hinter der irgendein strahlendes Etwas steht“, sagte die 41-Jährige dem „Guardian“. „Es gibt dieses Versprechen, wenn du Punkt Punkt Punkt erreichst, Punkt Punkt Punkt bekommst. In uns steckt eine Fantasie von Freude oder Ewigkeit oder Zweisamkeit.“ Doch Feist habe realisiert, dass Freude etwas ist, das täglich abnimmt und wieder anschwillt. Sie habe aufgehört, die Freude als Ziel zu verfolgen. Eine schmerzliche Einsicht, mit der das Album zum Vergnügen wird.