Brillante neue Songs von Prefab Sprout
Berlin (dpa) - Man hatte ihn schon abgeschrieben. Als krankhaft perfektionistischen Eremiten, der auf einem Berg unveröffentlicher Alben sitzt und zuletzt auch wegen gesundheitlicher Probleme nicht mehr in die Kreativspur zurückfand.
Doch nun soll das lange Schweigen von Paddy McAloon, dem unter Genieverdacht stehenden Frontmann der britischen Edel-Pop-Band Prefab Sprout, ein Ende haben. Mit zehn neuen Liedern, die zu seinen besten gehören und demnächst unter dem Titel „Crimson/Red“ erscheinen werden.
Dabei ist die für Oktober geplante Platte wohl weniger ein Band- als ein Soloalbum McAloons unter dem gut eingeführten Projektnamen Prefab Sprout. Nach ersten, noch recht dürren Verlautbarungen des Managements hat der 56-jährige Nordengländer alle Songs in jüngerer Zeit allein geschrieben und eingespielt. In Großbritannien soll das Werk am 7. Oktober über das kleine Label Icebreaker und im Vertrieb von Warner ADA erscheinen, ein deutscher Termin dürfte bald folgen.
Die Nachricht von der Rückkehr des schrulligen Melodienschmiedes McAloon verbreitete sich in einer ungewöhnlichen, aber für das Internet-Zeitalter gar nicht so untypischen Weise. Zunächst tauchten im Juni über einen Anonymus hochwertige MP3-Songdateien als „Leck“ im Netz auf. Sie wurden von der nach neuem Material dürstenden Fangemeinde bald als Prefab-Sprout-Lieder erkannt und bejubelt.
Prompt entwickelte sich eine Debatte, ob diese womöglich aus Versehen oder unter Missachtung von Urheberrechten ins Netz gelangten - geleakten - Songs jemals regulär auf den Markt kommen sollten. Bis zur erleichtert aufgenommenen Bestätigung, dass das Phantom-Album, ob nun ursprünglich so geplant oder nicht, demnächst auch offiziell erscheinen soll.
Die neuen Lieder begeistern die Fans zu Recht, knüpfen sie doch an die Großtaten von Prefab Sprout in den 80er und 90er Jahren an. Die vierköpfige Band verzauberte damals mit einer ultra-sensiblen Mixtur aus extravagantem Pop, Soul und Jazz. Das romantisch-juvenile „Steve McQueen“ (1985) gilt vielen Experten als eines der besten Pop-Alben aller Zeiten. Der beschwingte Nachfolger „From Langley Park To Memphis“ (1988) warf sogar Hits wie „Cars And Girls“ ab.
Auch das an Gershwin-Glanz, den großen Pop-Göttern und Gospel orientierte Mammutwerk „Jordan: The Comeback“ (1990) sowie „Andromeda Heights“ (1997) waren Meilensteine. In den Nuller-Jahren trennte sich der Eigenbrötler McAloon von den Bandmitgliedern, kämpfte mit Tinnitus und Erblindungsgefahr. Veröffentlichungen wurden immer seltener. Auf das schwächelnde Prefab-Sprout-Werk „The Gunman And Other Stories“ (2001) folgten eine äußerst melancholische Solo-Platte (2003) und das zuckersüße Konzeptalbum „Let's Change The World With Music“ (2009) - das freilich nur aus (prächtigen) Demo-Aufnahmen vom Anfang der 90er Jahre bestand.
„Crimson/Red“ wird nun einige in ihrer Qualität singuläre Ohrwürmer wie „The Best Jewel Thief In The World“, „The Devil Came A-Calling“ oder „Billy“ enthalten. Harmonien, Arrangements und Texte aller zehn Songs sind von makelloser Eleganz, sie erinnern an die beste Phase von Prefab Sprout Mitte/Ende der 80er Jahre.
Der Sänger feiert mit seiner erstaunlich jugendlichen Stimme wieder einmal die Segnungen zeitlos-schöner Musik - besonders haben es ihm diesmal offenkundig die Vorbilder Jimmy Webb („The Songs Of Danny Galway“) und Bob Dylan („Mysterious“) angetan. Die Reaktionen in den sozialen Netzwerken lassen vermuten, dass der Karriereweg des großen Pop-Komponisten Paddy McAloon doch noch nicht zu Ende ist.