DDR-Kultrocker auf letzter gemeinsamer Deutschland-Tournee

Schwerin (dpa) - Die Rockerrente ist verschoben. Zwar gaben die Puhdys im Januar ihr Abschiedskonzert in Berlin vor 11 000 Fans, doch sie ließen sich zu einer letzten gemeinsamen Tournee mit den anderen DDR-Kultbands City und Karat als „Rock Legenden“ überreden.

DDR-Kultrocker auf letzter gemeinsamer Deutschland-Tournee
Foto: dpa

So erzählt es Frontmann Dieter Birr an seinem 72. Geburtstag, den er beim Tourstart am Freitagabend in Schwerin mit einem Glas Sekt auf der Bühne feiert. Mehr als 5500 Zuhörer in der fast ausverkauften Sport- und Kongresshalle jubeln.

Die weißen Mähnen der Gitarristen schwingen, Birrs Gesichtszüge künden von intensiven Lebensjahrzehnten, und Karat-Keyboarder Martin Becker betritt wegen eines Sturzes vor einiger Zeit auf Krücken die Bühne. Die Jahre sind an den Männern nicht spurlos vorübergegangen, doch ihrer Musik können sie anscheinend nichts anhaben. Kraftvoll wie je kommen die Songs über die Rampe.

Die fast dreistündige Show mit Lichteffekten und historischen Videoschnipseln, die über die Bühnen-Rückwand flimmern, ist stimmig. Die alten Hits, wie „Über sieben Brücken musst du geh'n“ von Karat aus dem Jahr 1979, den Peter Maffay ein Jahr später in Westdeutschland mit Riesenerfolg coverte, wirken kein bisschen verstaubt.

Der für die erste „Rock Legenden“-Tour 2014 komponierte Titel „Sternstunden“ eröffnet die Show und bringt alle 15 Musiker zusammen auf die Bühne. Der Song über das Freiheitsgefühl und die Verheißung der Novembernacht 1989, in der die Mauer fiel, scheint dem Publikum aus dem Herzen zu sprechen. Ältere Damen, absolut textsicher, singen mit. Ein paar junge Leute sind auch unter den Zuhörern.

Danach spielen die drei Bands jeweils ihre Hits, von Karats „Schwanenkönig“ über „Am Fenster“ von City mit den markanten Geigen-Soli von Georgi Gogow bis zu „Alt wie ein Baum“ von den Puhdys. Mitunter tauschen die Bands untereinander die Musiker - die Truppe wirkt wie eine große Familie. Zusammen bringen sie fast 1000 Lebensjahre auf die Bühne. Fast alle sind jenseits der 60, einige haben die 70 überschritten. Der mit Abstand Jüngste ist Claudius Dreilich (46), der nach dem Tod seines Vaters Herbert Dreilich im Jahr 2004 dessen Platz als Frontsänger bei Karat eingenommen hat.

Die 1969 gegründeten Puhdys wollen sich nach den 24 Konzerten der „Rock Legenden“-Tournee endgültig auflösen. „Wir treten auf dem Höhepunkt ab“, sagt Birr und kündigt für das kommende Jahr eine Solo-Tournee an. Die Puhdys sind die unumstrittenen Stars des Abends. Als ihr Konzertteil beginnt, hält es das Publikum nicht mehr auf den Stühlen. Die Fans drängen nach vorn bis unmittelbar an die Bühne, die Sicherheitsleute sind machtlos. „Sie sind einfach die Besten“, schwärmt eine 67-jährige Konzertbesucherin. Für Birrs Solokonzert in Rostock hat sie sich bereits ein Ticket gesichert.

Die DDR-Altstars füllen mit ihrer Rockmusik heute Hallen in Ost und West gleichermaßen. Auf ihrer Deutschland-Tour spielen sie in Dresden und Nürnberg, Erfurt und Hamburg, Riesa und Hannover. In Mecklenburg-Vorpommern sind Konzerte in Neubrandenburg (20.5.), Ralswiek (21.5.) und Rostock (3.6.) geplant.