Duette — stark und innig
Die Opernstars Anna Netrebko und Erwin Schrott gaben ein glanzvolles Gastspiel in Köln.
Köln. Anna Netrebko — endlich am Rhein. In Berlin und München lockt die Primadonna assoluta Zig-Tausende zu Open-Air-Konzerten. Doch ihr Köln-Debüt gab sie drinnen in der Philharmonie. Die 2.200 Karten waren seit Monaten ausverkauft. Wen wundert’s? Hatte die Netrebko bei der Kölner Hitparade (mit Bekanntem von Mozart bis Gershwin) doch Erwin Schrott, ihren Lebensgefährten und Vater ihres Sohnes, im Schlepptau.
Sicherlich ist der ein Bariton von beachtlicher Stimmkraft und fabelhaftem Aussehen. Dennoch wäre Schrotts Karriere vermutlich anders verlaufen, wäre er nicht seit vier Jahren mit Anna liiert.
Sie ist weiter Mega-Star, Beherrscherin aller Rollen und Bühnen. Und Königin aller Kassen. Ob in der New Yorker Met oder im piekfeinen Salzburg-Sommer, wo schon 2006 Karten auf dem Schwarzmarkt die 1.000-Euro-Marge überschritten. Da machten die Fans in Köln fast ein Schnäppchen: Die Ticketpreise reichten von 30 bis 420 Euro.
Die Investition lohnte sich. Denn Netrebko verwöhnt durch ihr natürliches Auftreten, den Flirt mit dem Publikum und mit ihrem makellosen Gesang.
Einzigartig sind ihre Vielseitigkeit, ihre farbenreiche Stimmpracht und die Geschwindigkeit, mit der sie sich von der an Liebe leidenden Manon Lescaut und der Leonora aus Verdis „Troubadour“ in Gershwins jazzige Bess verwandelt. Die samtigen Höhen, die dunkle Mittellage, das gehauchte Pianissimo und die butterweichen Spitzentöne, die sie stets mit Ausdruck füllt, überzeugen selbst Skeptiker.
Schrott schleudert samtige, aber auch düstere Belcanto-Töne heraus. Spielerisch mit Augenzwinkern als Quacksalber Dulcamara in Donizettis „Liebestrank“ oder heroisch als Mefistofele in Gounods „Faust“. Breitbeinig, sportiv und im Hohlkreuz stehend, er liebt die Macho-Pose.
Reaktion: Johlen und Pfeifen wie bei einem Rockkonzert. Die Begeisterung erhitzt sich noch, als die beiden im Finale als Liebespaar „Porgy and Bess“ in einen langen Kuss versinken. Damit krönen sie auch die dritte Zugabe, Lehárs Operetten-Schlager „Lippen schweigen“. Da war es kurz vor Mitternacht.