Ehemaliges Rio-Reiser-Haus findet keinen Käufer

Niebüll/Stadum (dpa) - „Dann wird die Bietzeit jetzt eröffnet um 9.28 Uhr.“ Als Rechtspflegerin Anja Cornils mit der Zwangsversteigerung des ehemaligen Rio-Reiser-Hauses in Nordfriesland beginnt, haben sich kaum 20 Menschen in Saal 1 des Amtsgerichts Niebüll versammelt.

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Damit ist es im Vergleich zu ähnlichen Veranstaltungen eher voll - allein: Es sind keine Biet-Interessenten. Nur Nachbarn, Schaulustige und Medienvertreter sind am Mittwoch gekommen. Das reetgedeckte Gutshaus in Fresenhagen bei Stadum hat laut Gericht einen Verkehrswert von knapp 300 000 Euro.

Der 1996 gestorbene Musiker Rio Reiser („König von Deutschland“) hatte sich in den 70er Jahren mit seiner Band Ton, Steine, Scherben hierher zurückgezogen. Hier wurde er zunächst bestattet, 2011 aber nach Berlin umgebettet. Nach seinem Tod war der Hof als Veranstaltungszentrum genutzt worden. Reisers Angehörige konnten die Kosten schließlich nicht mehr tragen und verkauften. Zuletzt war dort eine Jugendhilfeeinrichtung untergebracht. An der Zwangsversteigerung beteiligen sich Reisers Brüder nicht. Zuvor hatte das Kieler Kulturministerium wegen knapper Kassen die Bitte von Reisers Bruder Peter Möbius um Unterstützung abgelehnt.

„Gibt es denn Interessenten, oder sind Sie alle Nachbarn und Presse?“, fragt die Vertreterin der Gläubigerin, einer Bank. Keine Reaktion. Unter den Zuschauern ist Henni Voß, eine ehemalige Nachbarin von Reiser, die ihn und die Bandmitglieder in ihrer Gaststätte bekocht hat. Sie ist zum Amtsgericht gekommen, „um zu sehen, was daraus wird“. Auf Interessenten, vielleicht auch Prominente, hat sie gehofft. Claudia Roth vielleicht, Grünen-Politikerin und einstige Managerin der Scherben? „Ich habe mich gefragt, inwieweit Claudia Roth überhaupt davon weiß.“

9.31 Uhr: Anja Cornils ermuntert die Anwesenden zu einem geringen Gebot - dann gäbe es zumindest einen neuen Termin, an dem die bisherigen Wertgrenzen dann nicht mehr gelten, an dem also noch geringere Gebote möglich wären. „Dann kommen meistens ganz viele, und meistens kommt dann doch ein ganz reeller Preis bei raus.“ Doch Cornils' Appelle lassen die Zuschauer kalt. „Da sind ja nicht mal Spekulanten gekommen“, raunt ein Mann.

„Die Räumlichkeiten befinden sich in einem äußerst desolaten Zustand“, zitiert Cornils aus einem Gutachten und ermuntert ihr Publikum, nach vorne zu kommen und Unterlagen einzusehen.

Um 9.54 Uhr erläutert die Rechtspflegerin, dass es auch einen zweiten Termin geben könnte, wenn kein Gebot abgegeben wird. Die Gläubigerin kann innerhalb von sechs Monaten die Wiederaufnahme des Verfahrens beantragen. Um 9.58 Uhr, nach vorgeschriebenen 30 Minuten Bietzeit als Minimum, sieht Cornils auf die Uhr. „Noch haben Sie 'ne Chance. Ich warte noch 10 Uhr ab.“ Dann ist Schluss, das Verfahren wird eingestellt. Damit hat Cornils gerechnet. „Das Objekt ist ja auch speziell“, sagt sie - die Lage, die Kosten, die Frage, was man mit einem 18-Zimmer-Hof unter Reetdach eigentlich anfangen kann. Vielleicht gibt es im Sommer einen neuen Termin.