Elbphilharmonie-Intendant muss sich gedulden

Hamburg (dpa) - Ginge es nach den ursprünglichen Vorstellungen von Christoph Lieben-Seutter, würde er schon längst in der prachtvollen Elbphilharmonie residieren.

Er würde weltweit bekannte Künstler und Orchester einladen, die in dem einmaligen Konzertsaal akustische Meisterleistungen vollbrächten. Doch Tatsache ist: Das Prestigeobjekt in der Hamburger Hafencity ist nach wie vor eine Baustelle, der Eröffnungstermin ist ungewiss, die Kosten explodieren, und der Intendant muss sich in seinem Büro in der Laeiszhalle weiter in Geduld üben. Das tut er allerdings mit erstaunlicher Gelassenheit.

„Die Phasen der Verzweiflung sind längst vorbei“, sagt der 47-Jährige. Bei den ersten Verzögerungen und Kostensteigerungen habe er sich viele Gedanken gemacht. „Aber wenn ich jetzt jedes Mal schlecht schlafen würde, sobald in den Zeitungen negative Nachrichten über die Elbphilharmonie stehen, dann hätte ich nur sehr wenig Schlaf.“

Zur Erinnerung: Ursprünglich sollte das Jahrhundertbauwerk 2010 eröffnet werden. Der gebürtige Wiener wurde zwei Jahre zuvor in die Hansestadt berufen, um rechtzeitig alles vorzubereiten. Es folgte die erste Verschiebung auf 2011. Zweimal plante der Intendant eine Eröffnungsfeier und arbeitete an einem Spielplan. Doch die unendliche Geschichte geht weiter und die Elbphilharmonie lässt auf sich warten. Zuletzt nannte der Baukonzern Hochtief April 2014 als möglichen Termin und behält sich laut Senat weitere Verschiebungen vor. Die öffentlichen Kosten, anfangs mit 114 Millionen Euro beziffert, liegen inzwischen bei mindestens 323 Millionen Euro.

„Ich gehe davon aus, dass ich als Intendant die Eröffnung erleben werde, nur wetten würde ich darauf nicht“, sagt Lieben-Seutter. „Mein Vertrag läuft bis 2015. Ob der Bau bis dahin fertiggestellt wird, ist nicht sicher.“ Allerdings geht er davon aus, dass sein Kontrakt um weitere drei Jahre verlängert wird. „Wenn du so viel Energie und Lebenszeit in ein Projekt steckt, dann möchtest du es auch zu Ende führen.“

Bei der Planung gibt sich Lieben-Seutter, der nicht nur Intendant der Elbphilharmonie, sondern auch der Hamburger Laeiszhalle ist, entspannt. „Wir haben schon vor zwei Jahren mit den Elbphilharmonie Konzerten begonnen und veranstalten rund 100 Konzerte pro Jahr in der Laeiszhalle und an vielen anderen Orten.“ Die neue Spielzeit startet etwa mit „The Giacomo Variations“ mit John Malkovich und endet mit dem „Orchestra of the Age of Enlightenment“ unter der Leitung von Sir Simon Rattle.

Während sich der Intendant Gedanken um die künstlerische Ausrichtung macht, liefern sich Hochtief und die Stadt einen juristischen Streit. So behauptet der Konzern, dass die Stadt Pläne zu spät geliefert habe. Die Stadt hingegen hat Klage gegen Hochtief eingereicht - wegen Terminverzögerungen.

Natürlich mache ihn das ganze Gezerre zornig, sagt Lieben-Seutter. Das Projekt gehe an die Grenze des Machbaren und sei eine riesige Herausforderung. „Die Komplexität ist irre. Ob das die Statik, die Haustechnik oder die reine Architektur ist, wo es keine gerade Wand gibt.“ So etwas könne man nur miteinander und nicht gegeneinander bauen. „Wenn allerdings ein Großteil der Energie dafür draufgeht, sich gegenseitig die Schuld zuzuschieben und eigene Positionen abzusichern, dann läuft etwas schief.“

Doch Lieben-Seutter, der auch Präsident der European Concert Hall Organisation (ECHO) ist, gibt sich überzeugt, dass die Elbphilharmonie - wenn sie denn mal fertig ist - ein einmaliges Konzerthaus wird, „das unter den zehn besten der Welt mitspielt.“ Und als Wahrzeichen werde sie sicher vergleichbar mit dem berühmten Opernhaus von Sydney sein. „Künstlerisch und akustisch ist Sydney nicht Weltklasse, aber es ist eine Ikone der Moderne. Und wir hoffen, dass wir beides vereinen können: ein architektonisches Meisterwerk und ein erstklassiges Konzerthaus.“